BGH:

Muss eine Himbeere eine Himbeere sein?

Reicht bei einem Früchtetee, der als „HIMBEER-VANILLE ABENTEUER mit natürlichen Aromen“ etikettiert und beworben wird, tatsächlich aber ohne Himbeer- oder Vanille-Bestandteile ist, ein Hinweis auf die Verwendung von Imitaten im Zutatenverzeichnis aus? Zur Irreführung durch bildliche Darstellungen auf der Verpackung von Lebensmitteln.

Ein namhaftes deutsches Teehandelsunternehmen vertreibt unter der Bezeichnung „FELIX HIMBEER-VANILLE ABENTEUER“ einen Früchtetee, auf dessen Verpackung sich Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten sowie die Hinweise „nur natürliche Zutaten“ und „FRÜCHTETEE MIT NATÜRLICHEN AROMEN“ befinden. Tatsächlich enthält dieser Tee weder Bestandteile von Himbeeren oder Vanille noch aus Himbeeren oder Vanille gewonnene Aromen. Vielmehr befinden sich darin lediglich natürliche Aromen mit dem entsprechenden Geschmack – was sich aus dem auf der Verpackung abgedruckten Zutatenverzeichnis ergibt.

Tim UR / Shutterstock.com
Tim UR / Shutterstock.com

Nach Ansicht des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände seien die Angaben auf der Verpackung des Tees hinsichtlich dessen Inhalts irreführend. Aufgrund des Produktnamens, der Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten und des Zusatzes „nur natürliche Zutaten“ im goldenen Kreis erwarte der Verbraucher, dass der Tee Bestandteile von Vanille und Himbeeren, jedenfalls aber natürliches Vanillearoma und natürliches Himbeeraroma enthalte. Das Teeunternehmen wurde aus diesem Grund auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Der Klage war vom Landgericht Düsseldorf zunächst stattgegeben worden. Die Berufung hatte zur Abweisung der Klage geführt, weil nach Ansicht des Berufungsgerichts eine Irreführung der angesprochenen Verbraucher nicht anzunehmen sei. Nun ist der Rechtsstreit im Revisionsverfahren beim BGH zur Entscheidung anhängig.

Entscheidung des Gerichts

Der BGH hat das Verfahren erst einmal ausgesetzt und mit Beschluss vom 26.02.2014 – Az. I ZR 45/13 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Aufmachung eines Lebensmittels durch bildliche Darstellungen sowie die Werbung hierfür durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung das Vorhandensein einer Zutat suggerieren darf, obwohl die Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Zutatenverzeichnis ergibt.

In der Vergangenheit hat der EuGH in Fällen, in denen sich die zutreffende Zusammensetzung eines Lebensmittels aus dem Zutatenverzeichnis ergab, die Gefahr einer Irreführung als gering eingestuft, weil er davon ausgeht, dass der mündige Verbraucher die ihm gebotenen Informationsmöglichkeiten wahrnimmt.

Nach Ansicht des BGH können diese Grundsätze jedoch dann nicht gelten, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Verbraucher aufgrund der Aufmachung und Angaben auf der Verpackung bereits die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Himbeerfrüchten und Vanillepflanzen gewonnene Aromen mitbestimmt wird. In einem solchen Fall hat, so der BGH, auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren.

Fazit

Einmal mehr haben sich die obersten Gerichte mit dem Verbraucherleitbild bzw. den Erwartungen eines Verbrauchers zu befassen. Es bleibt abzuwarten, wie mündig der mündige Verbraucher nach Ansicht des EuGH und BGH heutzutage tatsächlich ist.

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