Sportverband und Sportlermanager als Konkurrenten?

Sportverbände sind aufgrund des herrschenden Ein-Platz-Prinzips prädestiniert für willkürliche Verhaltensweisen. Solche finden sich regelmäßig auch in Athletenvereinbarungen und bringen u.U. erhebliche rechtliche und tatsächliche Behinderungen des Athleten und seiner Berater mit sich, insbesondere solcher Berater, die von der Vermarktung des Sportlers und dessen Persönlichkeit leben. Es stellt sich dabei regelmäßig die Frage, wie ein Gleichgewicht zwischen dem Sportler und seiner Berater einerseits und dem Verband andererseits hergestellt werden kann, ohne den Athleten disziplinarischen Maßnahmen seines Verbands auszusetzen, an dessen Tropf er letztlich hängt.

 IM_photo / Shutterstock.com
IM_photo / Shutterstock.com

Eine abschließende Aufzählung aller denkbaren und in der Praxis praktizierten Beschränkungen ist hier nicht möglich und auch nicht gewollt. Als Beispiele sollen die pauschale Übertragung sämtlicher Vermarktungs- und Persönlichkeitsrechte an den Verband, die Verpflichtung des Athleten, Sponsorenverträge nicht selbst, sondern ausschließlich unter Einbeziehung des Verbands abzuschließen oder die monetäre  Beteiligung des Verbands an allen Vermarktungsaktivitäten des Ahtleten dienen.

Das Ein-Platz-Prinzip im Verbandswesen

Den Verbänden gelingt die Vereinbarung solcher Bedingungen mit ihren Kaderathleten vor allem aufgrund einer Besonderheit im Verbandswesen: dem Ein-Platz-Prinzip. Hiernach darf es ausgehend vom internationalen Dachverband pro regionaler Einheit nur einen Regionalverband geben. Dies hat zur Folge, dass jeder Sportler, der seinen Sport professionell ausüben will, gezwungen ist, sich (s)einem  Regionalverband anzuschließen und dessen Bedingungen zu akzeptieren. Diese finden sich in der Athleten- oder Lizenvereinbarung bzw. dem über diese einbezogenen Regelement des Verbands wieder. Wer z.B. in Österreich im alpinen Skisport international um Medaillen kämpfen will, muss über eine Lizenz des ÖSV verfügen, die wiederum eine entsprechende vorgegebene Lizenz- oder Athletenvereinbarung voraussetzt. Ohne diese gibt es für den Athleten keinen Weltcup-Startplatz und ohne diesen keinen Ruhm, keine Ehre und keine Einnahmen.

Das faktische Verbandsmonopol führt in manchen Fällen zu weitgehender Willkür abseits des geltenden Rechts bei der Gestaltung von Athletenvereinbarungen. Mit Gegenwehr ist aus Verbandssicht kaum zu rechnen, weil der kritische Athlet stets befürchten muss, mit einem faktischen Berufsverbot oder anderen disziplinarischen Maßnahmen belegt zu werden. Sofern sich der Verband nicht auf eine individuell ausgehandelte Vereinbarung einlässt, hat der Athlet damit letztlich keine andere Wahl, als die Lizenzvereinbarung so zu unterschreiben, wie sie ist und sich daran zu halten – und sei diese noch so fragwürdig. Für den Sportler ist dies nicht selten ein freiheitsrechtliches und/oder wirtschaftliches Dilemma, wenn er dadurch übermäßig in der angemessenen Vermarktung seiner Person beeinträchtigt wird und überlebenswichtige Einnahmequellen verliert.

Drittwirkung von Athletenvereinbarungen

Was dabei verbandsseitig meist nicht bedacht wird, ist, dass unwirksame Athletenvereinbarungen nicht nur das Verhältnis zwischen Athlet und Verband betreffen, sondern auch Auswirkungen auf die (geschäftliche) Tätigkeit Dritter haben können. Es geht in dieser Situation nicht mehr um die Frage der Wirksamkeit einzelner Verträge, sondern um die Verwendbarkeit der Bestimmungen als solchen. Es muss nämlich nicht der Athlet selbst sein, der sich gegen seine Vereinbarung zur Wehr setzt. Genauso gut bzw. besser könnte dies z.B. (s)ein Sportmanager, Spielervermittler, Agent oder sonstiger Berater tun – und zwar mit allgemeinverbindlichen  und damit u.U. verheerenden Auswirkungen für das Geschäftsmodell des Verbands.

Als Grundlage für ein Vorgehen von Dritten gegen rechtswidrige Bedingungen in Athletenvereinbarungen kommen zuvorderst wettbewerbsrechtliche Verhaltensnormen in Betracht. Voraussetzung hierfür ist zum einen ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Verband und dem Dritten und zum anderen das Vorliegen von (negativen) wettbewerblichen Auswirkungen der Vereinbarung auf diese  Dritten.

Thema (19)Das erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen Verband und Sportmanager ergibt sich aufgrund der Eigenheiten des Sportverbandswesens beinahe von selbst. Die Sportverbände finanzieren sich nämlich zu einem Gutteil über den „Ankauf“ von Vermarktungsrechten und deren Weiterveräußerung an die Verbandssponsoren. Damit stehen die Sportverbände aber in direkter Konkurrenz zum externen Berater als Vermittler solcher Vermarktungsrechte, wenngleich auf unterschiedlichen Vertriebsstufen. Beide bemühen sich nämlich letztlich um die Generierung von Einnahmen durch die Veräußerung derselben Rechte.

Auch die wettbewerbliche Relevanz bestimmter Bedingungen in Lizenzvereinbarungen lässt sich oftmals bejahen. Soweit der Verband sich z.B. an allen Einnahmen des Sportlers beteiligen  lässt oder diesem gleich ganz oder teilweise die Freiheit nimmt, sich selbst angemessen zu vermarkten, kann man über die Unwirksamkeit solcher Klauseln kaum streiten. Weiter gehen die damit verbundenen Nachteile für den Sportler über die Unwirksamkeit hinaus regelmäßig mit einer Behinderung von Sportmanagern und -agenten einher, die ihre Leistungen dadurch zwangsläufig nicht mehr angemessen zur Geltung bringen bzw. am Markt anbieten können. Welcher Sportler schultert unter solchen Voraussetzungen noch die Provision für einen unabhängigen Berater oder was soll ein Vermittler von Vermarktungsrechten vermitteln, wenn sich der Verband diese Rechte im Wesentlichen bereits gesichert und damit vom Markt genommen hat?

Fazit

Im Ergebnis bestehen unter diesen Gesichtspunkten für Rechtevermarkter und -vermittler hervorragende Möglichkeiten, gegen rechtswidrige und beschränkende Vereinbarungen und Maßnahmen von Sportverbänden vorzugehen – und dies unabhängig vom einzelnen Sportler, der dabei aus der Schusslinie ist. Weiterer Vorteil ist, dass einem gerichtlichen Verbot zur Verwendung der beanstandeten Vertragsklausel faktisch eine allgemeinverbindliche Wirkung zukommt. Diese kann dann nämlich überhaupt nicht mehr verwendet werden.

Die gegebenen Möglichkeiten können durchaus ein wirksamer Hebel  zur Erzwingung von individuellen Vertragsverhandlungen sein. Umgekehrt ist den Sportverbänden zu raten, sich individuellen Vereinbarungen nicht von vornherein zu verschließen oder jedenfalls das eigene Vertragswesen einer gründlichen Prüfung auf wettbewerbs-, kartell- und persönlichlichkeitsrechtliche Fallstricke zu überprüfen, die sich u.U. als Bumerang erweisen können.

Artikel als PDF speichern

Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
+49 711 41019074

Rechtsgebiete zu dieser News

Themen zu dieser News