BGH:

Pressebericht mit gestohlenen Beweisen erlaubt?

Der Bundesgerichtshof musste in letzter Instanz entscheiden, ob ein verklagter Journalist zum Zwecke der Berichterstattung in der Presse gestohlene E-Mails als Informationsquelle verwenden durfte. Der BGH musste das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Politikers mit dem aus der Pressefreiheit hergeleiteten Informationsinteresse der Öffentlichkeit abwägen.

Noppasin / Shutterstock.com
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Ein hochrangiger Politiker und Minister eines deutschen Bundeslandes unterhielt er zu einer Mitarbeiterin eine außereheliche Beziehung, aus der eine gemeinsame Tochter hervorging. Die Kindesmutter erhielt auf deren Antrag wegen des Verschweigens der Vaterschaft des Politikers Sozialleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Nachdem der Computer des Politikers gestohlen wurde, wurde dieser einem Journalisten zugespielt, welcher entsprechende Beweise in der E-Mail Historie des Ministers fand und den Politiker damit konfrontierte.

Der Journalist hielt dem Politiker vor, dass sich aus an ihn gerichteten E-Mails der Kindesmutter ergebe, dass er der Vater ihres Kindes sei und für sie keinen regelmäßigen Unterhalt gezahlt habe. Es bestehe daher der Verdacht des Sozialbetrugs.

Der Politiker verklagte den Journalisten daraufhin auf Unterlassung  durch die dem Journalisten untersagt werden sollte, vier E-Mails wörtlich oder sinngemäß publizistisch zu nutzen. Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht Berlin gaben dem Minister recht und verurteilten den Pressevertreter.

Entscheidung des Gerichts

Der für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof teilt mit Pressemitteilung mit, dass er mit Urteil vom 30.09.2014 – Az. VI ZR 490/12 – zugunsten der Pressefreiheit die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen abgewiesen hat.

Zwar greife eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Politiker und seiner Geliebten gewechselten E-Mails stützt, in die Vertraulichkeitssphäre des Ministers und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein.

Der Eingriff sei im vorliegenden Fall aber nicht rechtswidrig. Das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegen hier  das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass sich der Journalist sich die Informationen nicht  durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft habe. Zudem hätten die Informationen, deren Wahrheit der Politiker nicht in Frage stellt, einen hohen Öffentlichkeitswert, da sie einen Missstand von erheblichem Gewicht offenbarten, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestünde.

Fazit

Die Gerichte haben in den Fällen der Verletzung der Privatsphäre das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem aus der Pressefreiheit hergeleiteten Informationsinteresse der Öffentlichkeit abzuwägen. Dabei genießen Privatleute einen größeren Schutz als Menschen, die wie der Politiker im vorliegenden Beispiel, im öffentlichen Leben stehen.

Dass es sich hier sicherlich um einen Grenzfall handelt, machen schon die vorangegangenen Entscheidungen des Land- und Kammergerichts klar, welche dem Politiker recht gaben. Schließlich wurden die Beweise gegen den Minister durch eine Straftat erlangt. Vorliegend wäre daher eine andere Entscheidung mit guten Gründen vertretbar gewesen.

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
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