BGH:

Richtigstellung bei Verdachtsberichterstattung?

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Betroffener nach einer zulässigen Verdachtsberichterstattung in einem Nachrichtenmagazin einen Berichtigungsanspruch aus den Grundsätzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen kann,  wenn der Tatverdacht, auf dem der Bericht gründete, später ausgeräumt wird.

Frank11 / Shutterstock.com
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In dem vorliegenden Fall klagte ein früherer Chefjustiziar einer Bank gegen den Herausgeber eines Nachrichtenmagazins. Die Zeitschrift hatte in einem Artikel über einen wegen des Verdachts einer Pflichtverletzung entlassenen leitenden Bankangestellten berichtet. Dabei wurde der Verdacht geäußert, der Justiziar habe sich der Beihilfe schuldig gemacht, den ehemaligen Vorstand der Bank verwanzt, dessen Privatwohnung durchsucht und beim Frisieren von Dokumenten mitgeholfen zu haben. Dieser Verdacht wurde zunächst durch einen Sicherheitsberater der Bank geäußert und von dem Nachrichtenmagazin aufgenommen. Später revidierte der Sicherheitsberater seine Aussage und das gegen den Chefjustiziar eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Der Jurist verlangte nun von dem Verlag die Richtigstellung dieser in der Zeitschrift veröffentlichten ihn betreffenden Berichterstattung wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Die Berufungsinstanz gab dem Justiziar recht und hatte den Verlag dazu verurteilt in ihrem Nachrichtenmagazin unter der Überschrift „Richtigstellung“ eine Erklärung zu veröffentlichen, wonach sie den Verdacht nicht aufrechterhalte.

Dagegen wehrte sich der Pressevertreter nun mit der Revision beim BGH.

Entscheidung des Gerichts

Der Bundesgerichtshof hob mit Urteil vom 18. November 2014 – Az. VI ZR 76/14 (Pressemitteilung) das angefochtene Urteil auf.

Bei dem angegriffene Artikel handele es sich um eine rechtmäßige, den Chefjustiziar nicht vorverurteilende Verdachtsberichterstattung. Die möglichen Verfehlungen von Führungskräften der Bank, die im Zuge der Finanzkrise verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten seien, waren nach Auffassung des BGH ein Vorgang von gravierendem Gewicht, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Die Beklagte habe auch einen hinreichenden Mindestbestand an Beweistatsachen dargetan, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für eine Beteiligung des Klägers an den fraglichen Vorgängen sprachen. Dies sei unter den konkreten Umständen des Falles ausreichend gewesen.

Zwar komme auch im Fall einer zulässigen Verdachtsberichterstattung ein Berichtigungsanspruch grundsätzlich in Betracht, wenn der Tatverdacht später ausgeräumt wird und die durch den Bericht erlittene Rufbeeinträchtigung fortdauert. Jedoch ergebe die gebotene Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit, dass das Presseorgan nicht verpflichtet werden kann, sich nach einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung selbst ins Unrecht zu setzen. Deshalb könne der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirkung der Beeinträchtigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde.

Fazit

Der Betroffene einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung hat nach dem Urteil des BGH lediglich einen Anspruch darauf, dass zu der erfolgten Berichtserstattung ein Nachtrag veröffentlicht wird, welcher die Ausräumung des Verdachts beinhaltet. Eine Richtigstellung kann der Betroffene dagegen nicht verlangen.

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
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