OLG München:

Kann ein Gesetzeshinweis in AGB wettbewerbswidrig sein?

Allgemeine Geschäftsbedingungen werden von den meisten Unternehmen eingesetzt und unterliegen inhaltlich einer strengen Kontrolle durch das Gesetz. Aber darf man ohne weiteres auf Gesetzesvorschriften verweisen oder kann ein solcher Gestzeshinweis ein Verstoß gegen AGB-Recht und damit ein Wettbewerbsverstoß sein? Das Oberlandesgericht München meint ja.

Ausgangspunkt war ein Streit zwischen zwei bundesweit tätigen Anbieter von Strom und Gas.

Preisanpassung billiges Ermessen AGB Strom und Gas
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Einer der beiden verwendete eine AGB-Klausel wie folgt:

5. Preise und Preisanpassungen /Steuern und hoheitlich veranlasste Abgaben /Bonus
(…)
5.3. (…) ist verpflichtet, die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Netto-Strompreise nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) der Entwicklung der Kosten anzupassen, die für die Preisberechnung nach Ziffer 5.1 maßgeblich sind. Eine Erhöhung oder Ermäßigung kommt dabei insbesondere in Betracht, wenn sich die in Ziffer 5.1 genannten Kosten ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen. (…) wird bei der Ausübung ihres billigen Ermessens Kostensenkungen im Hinblick auf Anlass, Zeitpunkt und Umfang nach den gleichen Maßstäben berücksichtigen wie Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens im gleichen Umfang wirksam werden wie Kostenerhöhungen. Dabei werden eventuelle Kostensenkungen mit eventuellen Kostenerhöhungen saldiert. (…) wird dem Kunden die Änderungen mindestens sechs Wochen vor diesem Zeitpunkt in Textform mitteilen. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Änderung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist in Textform zu kündigen. Hierauf wird der Kunde von (…) in der Mitteilung gesondert hingewiesen.

Der Konkurrent hielt die Klausel wegen des oben fett hervorgehobenen Verweises auf § 315 BGB für intransparent.

Entscheidung des OLG München zur Klausel

Das OLG München (Urteil vom 16.07.2015 – Az. 29 U 1179/15) gab dem Konkurrenten recht und beurteilte die Klausel als intransparent.

Grundsätzlich sei in den AGB in diesem Fall eine Preisänderung nach billigem Ermessen – wie es in § 315 BGB geregelt ist – zulässig. Allerdings enthalte § 315 Abs. 3 BGB eine Billigkeitskontrolle durch die Gerichte. Auf diese werde jedoch nicht ausdrücklich hingewiesen, sondern nur auf das billige Ermessen und § 315 BGB insgesamt. Das in § 315 Abs. 3 BGB eine Kontrolle durch die Gerichte geregelt ist, sei dem juristischen Laien nicht oder nicht ausreichend bekannt. In den Klauseln werde zudem auf die Kündigungsfrist, aber nicht auf die gerichtliche Überprüfung der Billigkeit nach § 315 Abs. 3 BGB hingewiesen.

Fazit

Angesichts der Paragraphenketten die sich bisweilen in gesetzlichen Widerrufsbelehrungen fanden, muss man sich über die Entscheidung schon etwas wundern. Korrekt wurde auf die Vorschrift verwiesen, diese aber nicht in allen Einzelheiten wiedergegeben. Der Text von § 315 BGB ist zudem online abrufbar und es leuchtet nicht ein, warum gesamte Gesetzestexte in AGB wiederholt werden sollen, denn ohne AGB gilt – das Gesetz. Das OLG Naumburg (Urteil vom 30.04.2015 – Az. 2 U 16/15 Hs) kam dementsprechend auch zum gegenteiligen Ergebnis.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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