BGH:

Boykottaufruf im Internet zulässig?

Handelt es sich bei der öffentlichen Aufforderung eines Tierschutzvereins an eine Bank , das Konto eines Interessenverbands von Tierzüchtern zu kündigen, um eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verbands oder um einen durch die freie Meinungsäußerung des Tierschutzvereins zulässigen Boykottaufruf? Diese Rechtsfrage hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

outdoorsman / Shutterstock.com
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Ein Tierschutzverein hatte auf dessen Homepage einen Aufruf veröffentlicht, bei dem dieser eine Bank dazu aufforderte, das bei diesem Geldinstitut bestehende Konto eines Interessenverbandes von Pelztierzüchtern zu kündigen. Der Beitrag des Tierschutzvereins war mit Haltungsbedingungen der Pelztiere bebildert und stellte fest, dass es sich bei den betroffenen Pelztierzüchtern um „Pelztierquäler“ handele und „an dem Geld der Bank Blut klebe“.

In diesen Boykottaufruf sah der Verband  einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht und forderte Unterlassung der Veröffentlichung des Beitrags auf der Internetseite des Tierschutzvereins.

Nachdem der Verband in der ersten Instanz zunächst Recht bekam, hob das Oberlandesgericht die Unterlassungsverpflichtung wieder auf.  Mit der Revision beim BGH beantragte der Interessenverband die Wiederherstellung de Unterlassungsverpflichtung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidung des Gerichts

Mit Urteil vom 19.01.2016 – Az. VI ZR 302/15 – bestätigte der Bundesgerichtshof, dass es sich bei dem Boykottaufruf des Tierschutzvereins um eine im Rahmen des Rechts auf freie Meinungsäußerung zulässigen Boykottaufruf handele. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Interessenverbandes der Pelztierzüchter sei daher nicht gegeben.

Zwar greife der Boykottaufruf des Tierschutzverbandes in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein.  Das Schutzinteresse des Verbandes sei aber mit dem Recht des Tierschutzvereins auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

Bei der vom Kläger angegriffenen öffentlichen Aufforderung zur Kontokündigung in Verbindung mit der angegriffenen Darstellung im Internet handelt es sich um eine grundrechtlich geschützte Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung, für deren Zulässigkeit es grundsätzlich auf die Wahrheit der Behauptung ankäme. Der Boykottaufruf bringe die Missbilligung des Vereins gegenüber dem geschäftlichen Verhalten der Pelztierzüchter zum Ausdruck und beinhalte damit eine subjektive Wertung.

An dieser Abwägung des BGH ändere auch der Umstand nichts, dass der Tierschutzverein in demselben Beitrag auch zu Spenden aufrufe und somit eigene wirtschaftliche Interessen verfolge. Wenn mit der Meinungsäußerung ein die Öffentlichkeit wesentlich berührendes Anliegen verfolgt werde, komme der Meinungsfreiheit in der Regel  das größere Gewicht zu.

Fazit

Ein auf Grund einer sachlichen Auseinandersetzung erfolgte Boykottaufruf kann damit vom Recht auf Meinungsfreiheit geschützt sein. Eine vorherige rechtliche Prüfung einer solchen Aktion muss aber dringend empfohlen werden.

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
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