BVerfG:

Moses Pelham gewinnt Verfassungsbeschwerde!

Dürfen Musiker kurze Sequenzen aus fremden Liedern kopieren und in eigenen Musikstücken verwenden, ohne den Urheber um Erlaubnis zu fragen? Diese Rechtsfrage wurde dem Bundesverfassungsgericht von Moses Pelham vorgelegt, welchem die Verwendung einer Musiksequenz aus dem Kraftwerk Musikstück „Metall auf Metall“ für eine eigene Komposition vom Bundesgerichtshof verboten wurde

Verfassungsbeschwerde
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Rechtsfrage, inwieweit sich Musikschaffende bei der Verwendung von kurzen Musiksequenzen aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können.

Im konkreten Fall hatte der Bundesgerichtshof einen Streit zwischen Moses Pelham und der Band Kraftwerk zugunsten des Urhebers entschieden, da die übernommene Sequenz des Kraftwerk Songs „Metall auf Metall“ nicht gleichwertig nachgespielt werden konnte. Es handelte sich dabei um ein Geräusch zwei aufeinanderprallender Metallplatten, welchen Pelham in einem für Sabrina Setlur komponierten Lied verwendete.

Im Streit um die Verarbeitung dieser fremden Rhythmussequenz hat der Komponist und Produzent Moses Pelham nun gegen das Urteil des Bundesgerichtshofes Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt.

Entscheidung des Gerichts

Mit Urteil vom 31. Mai 2016 – 1 BvR 1585/13 – entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das BGH Urteil „Metall auf Metall“ die grundgesetzlich garantierte Freiheit der künstlerischen Betätigung beschränke und gab damit der Verfassungsbeschwerde statt.

Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken stehe dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke zu fremden kommerziellen Zwecken ohne Genehmigung zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Stehe der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränke, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben.

Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trage der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen wolle, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stelle ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.

Fazit

Ein Eingriff in Urheber- und Leistungsschutzrechte durch Sampling kann im Rahmen der künstlerischen Betätigungsfreiheit gerechtfertigt sein. Der BGH  muss die Rechtssache nun erneut entscheiden. Das Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Musiksequenz darf für die erneute Entscheidung dabei keine Rolle spielen.

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
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