OLG Nürnberg:

„frische Weide-Milch“ – irreführende Bezeichnung?

Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) regelt die Anforderungen für die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Informationen über Lebensmittel dürfen insbesondere nicht irreführend sein.

Ein Discounter vertreibt eine Vollmilch, die als „frische Weide-Milch“ bezeichnet ist. Auf dem Etikett der Flasche ist darüber hinaus eine Abbildung von grasenden Kühen zu sehen. Auf der Rückseite wurde u.a. folgender Hinweis erteilt: „bei diesem Produkt handelt es sich um 100% Weidemilch. Unsere Weidemilch stammt von Kühen, die mindestens 120 Tage im Jahr und davon mindestens 6 Stunden am Tag auf der Weide stehen“.

Milch
gillmar / Shutterstock.com

Obwohl die Milch tatsächlich ausschließlich von Kühen stammt, die an mindestens 120 Tagen im Jahr und davon mindestens 6 Stunden am Tag auf der Weide stehen, hielt ein Wettbewerbsverband die Bezeichnung für unlauter.

Der Wettbewerbsverband ist der Ansicht, die Werbung sei irreführend, weil die Milch von Kühen stamme, die nur 120 Tage, je 6 Stunden, im Jahr auf der Weide stünden, den Rest der Zeit jedoch im Stall. Der Verbraucher erwarte aufgrund der Bezeichnung und der Abbildung, dass die Milch von Milchkühen stamme, die vor dem Melken auf der Weide gestanden hätten.

Das LG Amberg gab der Klage gegen den Discounter statt. Dieser legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Berufung hatte Erfolg. Das OLG Nürnberg wies die Klage des Wettbewerbsverbandes mit Urteil vom 07.02.2017 – Az. 3 U 1537/16 ab.

Das Gericht sieht in der Produktaufmachung und den entsprechenden Angaben keinen Verstoß gegen die LMIV.

Das Gericht bezweifelt schon, ob ein Verbraucher tatsächlich unter „Weide-Milch“ eine Milch versteht, die nur von Kühen stammt, die sich am Tag der Melkung oder am Vortag mindestens 6 Stunden auf der Weide befanden. Naheliegender sei, dass der Verbraucher die Erwartung habe, dass die Milch von Tieren stammt, welche, wenn auch nicht ganzjährig, aber jedenfalls im Rahmen der üblichen Weidesaison und Weidezeiten auf der Wiese grasen.

Es liegt nach Auffassung der Nürnberger Richter aber schon keine Irreführung vor, weil eine etwaige Fehlvorstellung des Verbrauchers jedenfalls durch den aufklärenden Hinweis auf der rückseitigen Etikettierung beseitigt werde.

Fazit

Vorsicht, nicht immer ist ein klarstellender Hinweis auf der Rückseite des Produktes ausreichend, um eine Irreführung der Verbraucher durch die Produktbezeichnung zu vermeiden! Dies muss in jedem Einzelfall sorgfältig überprüft werden.

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Simone Gehrung

Rechtsanwältin . Senior Associate
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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