LG München:

Firmeneigenes Gütesiegel ist irreführend

Ein firmeneigenes Gütesiegel kann eine wettbewerbsrechtliche Irreführung begründen, wie das Landgericht München in einer aktuellen Entscheidung aufzeigte.

Die Wettbewerbszentrale ging gegen einen Online-Händler vor. Dieser produzierte und vertrieb Naturarzneien sowie Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel, darunter auch Tees. Zu seinem Teesortiment gehörten sowohl Arzneitees als auch herkömmliche Kräutertees. Im Rahmen seines Internetauftritts bewarb der Unternehmer Kräutertees und Arzneitees unter Verwendung eines Bio-Zeichens.

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Bei dem Zeichen handelte es sich um ein firmeneigenes Gütesiegel („Bio-Logo“) des Händlers. In einem Werbeprospekt, der auf der Internetseite des Online-Händlers heruntergeladen werden konnte, fanden sich weitere Informationen. Hier führte der Händler aus, dass das Logo die Herkunft aller Zutaten aus ökologischem Anbau garantiere und zusätzlich die sorgfältige Kontrolle sämtlicher Teebestandteile im eigenen Labor sicherstelle.

Das Logo wurde jedoch ohne erklärenden Zusatz verwendet. Die Wettbewerbszentrale mahnte den Händler wegen der Verwendung des Bio-Zeichens ab. Die Verwendung des firmeneigenen Bio-Logos verstoße gegen die Verbote irreführender Werbung und damit gegen das Wettbewerbsrecht. Denn der Werbeadressat könne nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen, dass es sich bloß um ein firmeneigenes Siegel der Beklagten handele.

Der Vorwurf lautete, der Online-Händler erwecke gezielt den Eindruck, es handele sich um ein von einem neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz verliehenes Qualitäts- bzw. Prüfzeichen. Das Siegel sei jedoch unstreitig ein selbst verliehenes Siegel, welches zudem den Werbeadressaten im Unklaren darüber lasse, welche Kriterien die Beklagte angelegt haben wolle.

Der Händler wies die Vorwürfe zurück und lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Schließlich verklagte die Wettbewerbszentrale den Händler vor dem LG München I auf Unterlassung und Kostenerstattung.

Firmeneigenes Gütesiegel ist Wettbewerbsverstoß

Das LG München (Urteil vom 26.03.2021, Aktenzeichen 37 O 7730/20) stellte die Wettbewerbswidrigkeit fest und gab der Klage statt.

Zunächst stellte das Gericht fest, dass das Bio-Zeichen als Gütesiegel verwendet wurde. Dies habe bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erweckt, dass es von Dritten aufgrund konkreter objektiver Vorgaben und Kontrollen vergeben worden sei. Dies sei hingegen nicht der Fall, wie unstreitig war.

Tatsächlich handele es sich um ein firmeneigenes Zeichen des Händlers. Dieses werde aufgrund eigener Kriterien verwendet, die für den Verbraucher nicht erkennbar seien, so das Gericht. Aufgrund dieser Umstände nahm das Gericht eine wettbewerbsrechtliche Irreführung an.

Firmeneigenes Gütesiegel weckt bei Verbrauchern falsche Erwartungen

Das Gericht wies darauf hin, dass das Bio-Siegel eine Gestaltung aufweise, die auch bei einem offiziellen Bio-Siegel Verwendung finden könnte. Anders als etwa die „bio“-Schriftzüge und Zeichen verschiedener Lebensmittelhändler oder -hersteller erwecke ein firmeneigenes Gütesiegel in Form des Bio-Siegels durch die mit einem offiziellen Siegel vergleichbare Größe und optische Gestaltung.

Mit der Siegel-Qualität des Bio-Zeichens gehe eine Erwartung der Verbraucher einher, dass über die Erlaubnis zur Verwendung des Zeichens aufgrund objektiver Kriterien und zumindest irgendwie gearteter Kontrollen von neutralen Dritten entschieden worden sei, so die Richter.
Weiter wurde ausgeführt, dass das Merkmal der „Verleihung von einem Dritten“ für den Verkehr auch relevant und das mit dem Siegel einhergehende Qualitätsversprechen die Kaufentscheidung beeinflussen könne. Einem Siegel werde somit ein anderes Vertrauen entgegengebracht als einer vom Hersteller selbst ausgesprochenen Anpreisung.

Fazit

Ein firmeneigenes Gütesiegel kann wettbewerbsrechtlich problematisch werden. Eine Irreführung steht dann im Raum, wenn nicht hinreichend deutlich wird, dass es nicht von Dritten aufgrund konkreter objektiver Vorgaben und Kontrollen vergeben worden ist.

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