OLG Hamm:

Geschäftsgeheimnis erfordert ausreichende Geheimhaltungsmaßnahmen

Welche Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen  sind nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz erforderlich. Das Oberlandesgericht Hamm hat sich hierzu geäußert.

Ein Hersteller von Maschinen und Fahrzeugen für den Neubau, Umbau und für die Messarbeiten und die Instandhaltung von Gleisen und Oberleitungen ging gegen einen Mitbewerber vor. Dieser bot ebenfalls Maschinen, Produkte und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Gleisinstandhaltung an.

Geschäftsgeheimnis erfordert ausreichende Geheimhaltungsmaßnahmen Rechtsanwalt GeschGehG
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Geschäftsführer und Mitgesellschafter des Mitbewerbers waren in der Vergangenheit jeweils zwei ehemalige leitende Angestellte des Herstellers. Der Mitbewerber vertrieb eine Maschine, welche der des Herstellers ähnlich war. Dieses Gerät entwickelte der Mitbewerber in Zusammenarbeit mit einem Dritt-Unternehmen. Unstreitig zwischen den Parteien war, dass Pläne einiger Bauteile von dem Hersteller an den Prokuristen, Betriebs- und Abteilungsleiter des Dritt-Unternehmen übermittelt wurden.

Der Hersteller behauptete, dass der Mitbewerber das von ihm entwickelte Gerät nachgebaut habe. Die Geschäftsführer des Mitbewerbers und dessen Gesellschafter hätten noch während ihrer Tätigkeit bei dem Hersteller die Gründung eines Konkurrenzunternehmen geplant.

Dazu hätten sie große Mengen vertraulicher und strengster Geheimhaltung unterliegender Entwicklungsunterlagen rechtswidrig vervielfältigt und mitgenommen. Unter den so erlangten Unterlagen hätten sich auch die Konstruktionszeichnungen für die wesentlichen Bauteile des streitgegenständlichen Geräts befunden.

Die Vorinstanz (LG Münster) hat sowohl die u.a. auf Unterlassung nach dem GeschGehG gerichtete Klage des Herstellers als auch die Widerklage des Mitbewerbers abgewiesen.

OLG: Geheimhaltungsmaßnahmen erforderlich

Auch das OLG Hamm (Urteil vom 15.09.2020, Aktenzeichen 4 U 177/19) hat in der Berufungsinstanz den geltend gemachten Unterlassungsanspruch des Herstellers gegen den Mitbewerber nach dem GeschGehG verneint.

Zunächst kommt es bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Geschäftsgeheimnisgesetz darauf an, dass auch tatsächlich ein Geschäftsgeheimnis i. S. d. GeschGehG gegeben ist. Ein Geschäftsgeheimnis in diesem Sinne ist eine Information,

  • die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist, daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  • die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch den rechtmäßigen Inhaber ist und
  • bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Das Gericht stellte fest, dass im vorliegenden Fall bereits keine den Umständen nach angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen im Sinne des GeschGehG getroffen wurden. Bei der Angemessenheit handele es sich um ein flexibles und offenes Tatbestandsmerkmal, das dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit folge, so das Gericht.

Die Richter wiesen darauf hin, dass sich die Angemessenheit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bestimme. Von besonderer Bedeutung sei unter anderem die Art und der wirtschaftliche Wert des Geheimnisses.

Geheimhaltungsmaßnahmen waren nicht angemessen

Zur Wahrung der in den Plänen des Herstellers liegenden Geschäftsgeheimnisse sei ein hohes Maß an Sicherheitsvorkehrungen angemessen, machte das Gericht deutlich.

Zu getroffenen Sicherungsmaßnahmen hatte der Hersteller auch umfangreich vorgetragen (z. B. EDV-Sicherheitsrichtlinie, Geheimhaltungsvereinbarungen mit Lizenznehmern). Jedoch war bekannt, dass Zeichnungen einiger Bauteile in der Vergangenheit von dem Hersteller an den Prokuristen, Betriebs- und Abteilungsleiter des in die Entwicklung eingebundenen Dritt-Unternehmens übermittelt wurden.

Aus Sicht des Gerichts war dies unzweifelhaft ein ganz deutlicher Hinweis darauf, dass ggf. Geheimhaltungsmaßnahmen unzureichend gewesen sein könnten. Ferner wurde festgestellt, dass unstreitig mehrfach Zeichnungen der verschiedenen Bauteilen ohne Geheimhaltungsmaßnahmen frei zugänglich waren. Die pauschale Behauptung, dass mit Lizenznehmern Geheimhaltungsmaßnahmen vereinbart worden seien und dass kein Hinweis vorliege, dass diese nicht eingehalten worden seien, sei im Hinblick auf diese Vorfälle nicht hinreichend konkret.

Vor diesem Hintergrund kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen den Anforderungen nicht genügten und in der Vergangenheit mehrfach umgangen worden seien, ohne dass der Hersteller angemessen darauf reagierte.

Fazit

Voraussetzung für den Schutz von Informationen durch das GeschGehG ist, dass angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz dieser Informationen ergriffen werden. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich Gedanken über ein entsprechendes Schutzkonzept machen und klare und belegbare Maßnahmen treffen. Andernfalls droht der Schutz von Geschäftsgeheimnissen verloren zu gehen, was mitunter erhebliche negative wirtschaftliche Auswirkungen haben kann.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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