LG München I:

Vertragsschluss durch Versand der Ware unwirksam

Viele Onlinehändler verwenden AGB-Klauseln, die einen Vertragsschluss durch Versand der Ware vorsehen. Aber ist eine solche Klausel überhaupt wirksam? Und wie schnell muss eine Bestellbestätigung versandt werden? Das Landgericht München hat diese Fragen unter die Lupe genommen.

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Ein Verbraucher bestellte in einem Online-Shop für Unterhaltungselektronik eine Spielekonsole für 499,99 Euro. Der Händler des Shops verwendete eine AGB-Klausel, welche besagt:

„Ein Vertrag kommt erst durch die Annahmeerklärung von … zustande, die mit einer gesonderten E-Mail (Auftragsbestätigung oder Versandbestätigung) versendet wird, spätestens jedoch durch den Versand der Bestellung.“

Der Verbraucher erhielt zudem erst nach fünf Tagen die Bestellbestätigung.

Ein Verbraucherschutzverein verklagte den Online-Händler auf Unterlassung wegen der Verwendung der AGB-Klausel und den Verstoß gegen die Pflicht zur unmittelbaren Versendung einer Bestellbestätigung.

AGB-Klausel zu Vertragsschluss durch Versand der Ware unwirksam

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 15.02.2022 – 33 O 4638/21 die beanstandete AGB-Klausel des Online-Händlers zum Vertragsschluss durch Versand der Ware für rechtswidrig erklärt.

Nach Ansicht der Richter stellt ein Zugangsverzicht bei Vertragsschluss durch Versand der Ware eine unangemessene Benachteiligung des Käufers dar. Unangemessen sei eine Benachteiligung dann, wenn der Händler durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche, ohne dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen.

Ein Vertragsschluss “ spätestens durch Versand der Ware“, wie es der Händler in seinen AGB vorgesehen hat, würde dazu führen, dass der Käufer keine genaue Kenntnis vom konkreten Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags erlange. Beim Online-Shopping ist diese Kenntnis für den Verbraucher jedoch besonders wichtig: Denn der Verbraucher muss wissen, wann ein Vertrag zustande kommt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des gesetzlichen Widerrufsrechts.

Verspätete Bestellbestätigung

Auch die erst spät versandte Bestellbestätigung wurde dem Händler zum Verhängnis. Online-Händler müssen Verbrauchern den Zugang der Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege bestätigen.

Diese Voraussetzung sei nach Ansicht des Gerichts jedenfalls dann erfüllt, wenn die elektronische Eingangsbestätigung wenige Stunden nach der Bestellung, bei Bestellungen in den späten Abendstunden am nächsten Tag zu den üblichen Geschäftszeiten des Unternehmers, beim Verbraucher eingeht.

Im Falle des Online-Händlers hatte dieser dem Verbraucher die Bestellbestätigung aber erst nach fünf Tagen und damit viel zu spät zukommen lassen. Auch ein erhöhtes Bestellvolumen entbinde den Händler nicht von dieser Pflicht.  Vielmehr müsste der Händler für solche Fälle zumutbare Vorkehrungen treffen, wie etwa die Zubuchung zusätzlicher Serverkapazitäten.

FAZIT

Online-Händler sollten prüfen, ob sie in ihren AGB Klauseln zum Vertragsschluss durch Versand der Ware nutzen und diese umgehend überarbeiten lassen.

Auch sollten Online-Händler ihre Abläufe und Kapazitäten so gestalten, dass eine Bestellbestätigung unverzüglich versandt wird.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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