Vor einiger Zeit hatte ich von einer Klage berichtet, die wir im Auftrag eines Mandanten in Deutschland (Landgericht Stuttgart) gegen PayPal eingereicht haben. Seitdem erhalte ich nahezu täglich Anrufe von PayPal-Kunden – ganz überwiegend Online-Händler jeder Größe -, die mir von Ihrem Leid mit PayPal berichten. Immer geht es dabei um Kontobeschränkungen, die von einigen Prozent bis hin zu einer vollumfänglichen Kontosperrung reichen.
Nie wird der Kunde vorher darauf angesprochen, nie wird eine Begründung für die ohnehin fragwürdigen Maßnahmen geliefert. Für viele dieser Anrufer stellt sich daher die Frage, ob Sie PayPal nicht einfach verklagen sollen, um wenigstens an ihr Geld zu kommen. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Kenntnis des Systems PayPal und den persönlichen Umständen ab.
Das System Paypal
Paypal ist eine Bank mit Sitz in Luxemburg, die sich ausschließlich mit überweisungsähnlichen Geldtransaktionen zwischen zwei Personen / Unternehmen auf der ganzen Welt befasst. Das waren aber schon alle Gemeinsamkeiten mit einer normalen Hausbank. Anders als diese pflegt PayPal nämlich auch Kunden mit einem dicken Guthaben und regelmäßigen Geldeingängen auf ihrem Konto mit diversen Beschränkungen zu beschäftigen. Oft wird dabei spekuliert, PayPal generiere mit den einbehaltenen Geldern Zinseinnahmen, was zum Geschäftsmodell gehöre. Das ist natürlich Unfug, weil die aus Transaktionen vereinnahmten Gebühren in etwas so hoch sind wie die Zinseinnahmen aus der Anlage desselben Betrages für ein Jahr. Das kann also nicht der Grund für das teilweise groteske Verhalten von PayPal sein.
Der eigentliche Grund für die massenhafte Sperrung von Konten harmloser Online-Händler ist das Käuferschutz-Programm von PayPal. Dieses vollmundige Versprechen hat PayPal einst groß gemacht und birgt heute unüberschaubare (Betrugs-)risiken. Es beinhaltet das Versprechen an Käufer, die ihren Online-Einkauf mit PayPal bezahlen, dass sie im Falle der Nichtlieferung oder fehlerhaften Lieferung der bestellten Ware ihr Geld erstattet zu bekommen. Dass dies dem Missbrauch Tür und Tor öffnet, liegt auf der Hand. Erfolgreiche Käuferschutzanträge bringen das Problem mit sich, dass irgendjemand den Kaufpreis erstatten muss – PayPal selbst hat hierzu jedoch naturgemäß dann doch keine Lust. So weit geht die Liebe zu den Käufern nun doch nicht. Natürlich reicht PayPal die Erstattung nur durch und holt sich den Betrag beim Verkäufer wieder.
Dass dieser quasi nie nach seiner Sicht der Dinge gefragt wird – jedenfalls nicht vor der der Kontosperrung -, ist ein gravierender Mangel des PayPal-Systems. Die Entscheidung, ob der Käufer sein Geld zurückverlangen kann, würde nämlich im Normalfall ein Gericht treffen. Der Verkäufer kommt dadurch u.U. in die absurde Situation, dass er die Ware nicht mehr hat und den Kaufpreis für die gelieferte Ware trotz vereinbarter Vorkasse beim Käufer einklagen muss – und das ggf. nicht im Heimatland, sondern irgendwo auf der Welt. Das das oft keinen Sinn macht, liegt auf der Hand. Eigentlich wäre es umgekehrt: der Käufer, der meint, den im Voraus bezahlten Kaufpreis zurückverlangen zu können, muss dies ggf. vor einem Gericht geltend machen. Das ist vielleicht in vielen Fällen auch nicht besser, entspricht aber immerhin dem, was die Parteien vereinbart haben bzw. worauf sie sich in voller Kenntnis der Umstände (Vorauszahlungsverpflichtung) eingelassen haben.
Die Sache ist aber nicht risikolos für PayPal, weil die erstatteten Beträge vorgestreckt und anschließend ungefragt vom Verkäuferkonto wieder weggebucht werden. Das funktioniert aber nur, wenn es etwas zum wegbuchen gibt – und da kommen Sie als Online-Händler ins Spiel. Ihr Geld dient PayPal im Falle einer Kontosperrung als Sicherheit für eigene Risiken aus dem Käuferschutzprogramm. Und damit Sie das Guthaben nicht rechtzeitig wegschaffen, werden Sie ggf. vor vollendete Tatsachen in Gestalt der Kontosperrung gestellt. Und die Absicherung betreibt PayPal beinahe panisch, was an den strengen Regelungen für das Risikomanagement von Banken liegen mag. Das fragt man sicher allerdings, wozu PayPal derart hohe Gebühren verlangt und ob es für ein solches Verhalten überhaupt eine Rechtfertigung geben kann.
Das Ganze funktioniert natürlich nur deshalb richtig gut, weil eBay-Händler unter bestimmten Umständen verpflichtet sind, PayPal als Zahlungsmittel anzubieten. Es ist also die Marktmacht des Duos PayPal/eBay, die diese Absurdität möglich macht. Man stelle sich einmal vor, die Hausbank würde ein gut gefülltes Geschäftskonto sperren, um sich erst einmal die umfassenden Geschäftsunterlagen des Kunden vorlegen zu lassen. Der Gedanke ist so abwegig, dass man ihn getrost vergessen kann.
Im Ergebnis lässt sich die Stellung von PayPal hinsichtlich des Käuferschutzprogramms mit der eines Versicherungsunternehmens vergleichen, bei dem die Verkäufer sowohl die Beiträge als auch die versicherten Schäden bezahlen, der Käufer die Versicherungsleistung in Anspruch nimmt und der Versicherer keiner Risiken hat. Das ist genial!
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