Auf den ersten Blick würde man meinen, dass Lebensmittel und Arzneimittel problemlos zu unterscheiden sind. Die juristische Einordnung ist jedoch oftmals nicht so einfach. Gleichzeitig hat die Einordnung weit reichende Konsequenzen für Werbung und Vertrieb der Produkte. So hatte sich der Bundesgerichtshof mit Frage zu beschäftigen, ob ein Getränk, welches Gingko enthält, als Arzneimittel oder Lebensmittel anzusehen ist.
Ein Unternehmen Vertrieb ein Getränk namens „Carpe Diem Ginkgo“ welches Trockenextrakt der Ginkgo-biloba-Pflanze enthält. Ginkgo biloba ist eine aus China stammende Pflanze, der – abhängig von der eingenommenen Menge – unter anderem heilende Wirkungen zugeschrieben werden. Der Ginkgo Anteil am Getränk betrug 0,02 %.
Ein Konkurrent hielt das Produkt für nicht verkehrsfähig, eil es sich bei dem Getränk tatsächlich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel und nicht um ein Lebensmittel handele.
Das Berufungsgericht stufte das Getränk als Arzneimittel ein, weil es keine pharmakologische Wirkung aufweise. Diese trete erst ab 120 mg Gingko-Extrakt pro Tag ein. Bei dem Getränk befinde sich aber eine Trinkempfehlung von 1-2 Gläsern pro Tag, bei deren Einhaltung dieser Wert nicht erreicht werde. Daher sei das Getränk als Lebensmittel und nicht als Arzneimittel einzustufen.
Entscheidung des Gerichts
Der BGH (Urteil vom 01.07.2010 – Az. I ZR 19/08) entschied – anders als zuvor das Berufungsgericht – dass es sich bei dem Getränk nicht um ein Lebensmittel, sondern um ein Arzneimittel handele und untersagte den weiteren Vertrieb mangels Zulassung.
Das Getränk habe ab 120mg Wirkstoff eine pharmakologische Wirkung und sei deshalb als so genanntes Funktionsarzneimittel einzustufen. Der Begriff des Funktionsarzneimittels umfasse diejenigen Erzeugnisse, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festgestellt und die tatsächlich dazu bestimmt seien, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen. Eine solche Wirkung bestünde für Gingko-Extrakt bei 120mg pro Tag.
Die vage Empfehlung am Tag nur 1-2 Gläser zu trinken, tauge nicht als Beschränkung einer Tageshöchstdosis. Der Verbraucher verstehe eine solche Angabe eben als bloße Empfehlung und nicht als zwingende Angabe einer Höchstmenge. Auch gebe es Gläser mit unterschiedlichen Größen, so dass auch diese Angabe nicht geeignet sei eine genaue mengenmäßige Beschränkung zu erkennen.
Fazit
Der Fall zeigt, dass die Einstufung als Arznei- oder Lebensmittel im Einzelfall schwierig und von verwendeten Mengen abhängen kann. Es empfiehlt sich daher im Vorfeld eine Einstufung vorzunehmen um nicht später am vertrieb des Produktes gehindert zu werden.
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