BVerwG:

E-Zigarette: Ein Arzneimittel oder Medizinprodukt?

Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Parallelverfahren entschieden, dass nikotinhaltige Flüssigkeiten (sog. Liquids), die mittels elektronischer Zigaretten (sog. E-Zigaretten) verdampft und inhaliert werden, keine Arzneimittel sind und dementsprechend die E-Zigarette selbst kein Medizinprodukt ist.

In einem Verfahren hatte der Betreiber eines Ladengeschäfts für E-Zigaretten und Zubehör gegen die Stadt Wuppertal geklagt, die ihm den Vertrieb nikotinhaltiger Liquids in verschiedenen Stärken mit der Begründung untersagt hatte, es handele sich um Arzneimittel, die wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung nicht verkehrsfähig seien.

In einem anderen Verfahren hatte sich eine Herstellerin von E-Zigaretten und liquidhaltigen Filterkartuschen gegen eine veröffentlichte Pressemitteilung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums gewandt. Darin wurde vor dem Handel und Verkauf von E-Zigaretten und Liquids gewarnt und u. a. darauf hingewiesen, dass nikotinhaltige Liquids nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden dürften; E-Zigaretten dürften nur unter Einhaltung der Kennzeichnungspflichten nach dem Medizinproduktegesetz vertrieben werden.

Entscheidung des Gerichts

Das BVerwG hat mit Urteil vom 20.11.2014 – Az.: 3 C 25.13, 3 C 26.13, 3 C 27.13 sowohl dem Betreiber des Ladengeschäfts als auch der Herstellerin der E-Zigaretten im Ergebnis Recht gegeben.

Nach Ansicht der Richter sind die nikotinhaltigen Liquids keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes.

Vladimir Tronin / Shutterstock.com
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Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels, da die Liquids nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten vermarktet („präsentiert“) werden; ebenso wenig lasse die Produktaufmachung beim Verbraucher den Eindruck eines Arzneimittels entstehen.

Die Liquids sind – so das Gericht – auch keine Funktionsarzneimittel. Zwar ist Nikotin ein Stoff, der die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung nennenswert beeinflusst. Den Liquids fehle eine therapeutische Eignung, weil sich ein Nutzen der E-Zigarette als Hilfsmittel für eine dauerhafte Rauch- und Nikotinentwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Entsprechend messen die Verbraucher nikotinhaltigen Liquids überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel.

Fazit

Nach diesen Grundsatzurteilen unterfallen die Liquids und die E-Zigaretten nicht den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften. Die E-Zigarette ist daher nicht als zulassungspflichtiges Arzneimittel einzustufen und bleibt frei verkäuflich. Jedenfalls bis auf weiteres. Bis 2016 muss nämlich die neue EU-Tabakproduktrichtlinie, welche auch die E-Zigarette reguliert, vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten können diese entsprechend der Richtlinie entweder als Tabakerzeugnisse einstufen (sofern der Nikotingehalt 20 mg/ml nicht übersteigt) oder als Arzneimittel (wenn der Nikotingehalt über 20 mg/ml liegt und sie als Entwöhnungshilfen beworben werden).

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