LG Berlin:

Berliner Beauftragte für den Datenschutz scheitert vor Gericht

Die Berliner Beauftragte für den Datenschutz hatte gegen die Deutsche Wohnen SE einen Bußgeldbescheid wegen Datenschutzverstößen in Höhe von 14,5 Millionen Euro verhängt. Auf den hiergegen eingelegten Einspruch hob das Landgericht Berlin den Bußgeldbescheid nun auf. Die Begründung des Gerichts dürfte auch für zahlreiche andere Verfahren von Bedeutung sein.

Die Deutsche Wohnen SE ist ein börsennotiertes Immobilienunternehmen mit Sitz in Berlin. Sie hält über gesellschaftsrechtliche Beteiligungen mittelbar 162.700 Wohneinheiten und 3.000 Gewerbeeinheiten. Eigentümer dieser Einheiten sind Tochtergesellschaften der Deutsche Wohnen SE. Diese Tochtergesellschaften führen auch das operative Geschäft.

Berliner Beauftragte für den Datenschutz Deutsche Wohnen Bußgeldbescheid
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Die Deutsche Wohnen SE und ihre Tochtergesellschaften verarbeiten im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit unter anderem auch personenbezogene Daten von Mieterinnen und Mietern der Wohn- und Gewerbeeinheiten.

Am 23. Juni 2017 beanstandete die Berliner Beauftragte für den Datenschutz, dass Konzerngesellschaften der Deutsche Wohnen SE personenbezogene Daten von Mieterinnen und Mietern in einem elektronischen Archivsystem speicherten, bei dem nicht überprüft werden könne, ob eine erfolgte Speicherung zulässig oder erforderlich ist und bei dem nicht mehr erforderliche Daten nicht gelöscht werden könnten. Dies verstoße gegen Datenschutzbestimmungen, weshalb entsprechende Daten zu löschen seien.

Die Deutsche Wohnen SE trat dem entgegen und teilte mit, dass die verlangte Löschung der beanstandeten Dokumente aus technischen und rechtlichen Gründen nicht möglich sei.

In der Folge erließ die Berliner Beauftragte für den Datenschutz am  einen Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld von EUR 14,5 Millionen wegen Verstößen gegen die DSGVO.

Entscheidung des LG Berlin zum Bußgeldbescheid

Das LG Berlin (Az. 526 OWi LG) 212 Js-OWi 1/20 (1/20)) gab dem Einspruch der Deutsche Wohnen SE nun statt und stellte das Verfahren ein. Die Begründung hierzu lässt aufhorchen.

Landgericht Berlin
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Anders als noch das LG Bonn ist das LG Berlin nämlich der Auffassung, dass eine juristische Person nicht Betroffene in einem Bußgeldverfahren sein könne, und zwar auch nicht bei Verstößen gegen die DSGVO. Denn eine Ordnungswidrigkeit könne nur eine natürliche Person vorwerfbar begehen. Der juristischen Person könne lediglich ein Handeln ihrer Organmitglieder oder Repräsentanten zugerechnet werden.

Demnach könne eine Geldbuße gegen eine juristische Person nur festgesetzt werden, wenn eine vorwerfbare Ordnungswidrigkeit eines Organmitgliedes der juristischen Person festgestellt werden kann. Dies ergebe sich aus dem deutschen Ordnungswidrigkeitenrecht.

Der zuvor vom LG Bonn vertretenen Auffassung, dass hier alleine aufgrund der DSGVO ein Bußgeld auch gegen juristische Personen verhängt werden könne, erteilten die Berliner Richter eine Absage. Die DSGVO und das BDSG verweisen ohne Einschränkung für die Verhängung einer Geldbuße auf das deutsche Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, und zwar ohne Einschränkungen, so dass dies auch entsprechend anzuwenden sei.

In gleicher Weise hatte bereits das österreichische Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Die Berliner Richter stellten zudem fest, dass es verwunderlich sei, dass zwar verschiedene Vor-Ort Termine stattgefunden haben, Auskünfte, etwa über technische Details der Datenverarbeitung verlangt worden sind und auch erteilt wurden, dass die Berliner Datenschützer jedoch keine hinreichenden Ermittlungen zu den unternehmensinternen Verantwortlichkeiten für die beanstandeten Verstöße durchgeführt hätten. Wäre dies erfolgt, hätten möglicherweise eine Aufsichtspflichtverletzung dargelegt und ein Bußgeld verhängt werden können.

Insgesamt leider der Bußgeldbescheid unter derart gravierenden Mängeln, dass er nicht Grundlage des Verfahrens sein kann.

Reaktion der Berliner Beauftragten für den Datenschutz

Diese Ohrfeige des LG Berlin wollte die Berliner Beauftragte für den Datenschutz nicht auf sich sitzen lassen. In einer Pressemitteilung kündigte sie Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens an. Die Art und Weise der Mitteilung ist allerdings grenzwertig. So beschwert sich die Behörde darüber, dass sich das Gericht damit in Widerspruch zu der Auffassung sämtlicher deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden setze. Tatsächlich handelt es sich dabei aber eben nur um Meinungen der Behörden, die keinerlei Bindungswirkung für das Gericht haben.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Verfahren fortsetzt. Sollte sich die Auffassung des LG Berlin durchsetzen hätte dies jedoch erhebliche Folgen.

Geschäftsführer und andere Organe juristischer Personen müssen künftig damit rechnen, selbst Adressaten von Bußgeldbescheiden zu werden. Auch werden die Datenschutzbehörden künftig ein erhöhtes Augenmerk auf Verantwortlichkeiten in Unternehmen legen.

Die Entscheidung zeigt aber auch, dass es sich lohnen kann gegen Bußgeldbescheide der Datenschutzbehörden vorzugehen. Die von den Behörden vertretenen Ansichten sind teilweise mit der geltenden Rechtslage nur schwer vereinbar. Um diese Ansichten zu ändern bedarf es aber gerichtlicher Entscheiadobe stock

dungen, an denen es bislang in der Breite noch fehlt.

 

 

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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