OLG Frankfurt a.M.:

Don’t call it Schnitzel?

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte sich vor kurzem mit einem Schnitzel zu befassen. Das mit dem Slogan „Don’t call it Schnitzel“ beworbene Formfleischstück der Firma T. war Gegenstand eines Rechtsstreits, bei dem die Herstellerfirma sich mit einer Abmahnung und dem Anspruch auf Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegen einen Wettbewerber aus einem eingetragenem Geschmacksmuster (Design) und dem ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz zur Wehr setzte, weil dieser ein ähnliches Produkt auf den Markt brachte.

Die Firma T hat ein Lebensmittel aus paniertem Fleisch in der Form einer Toastscheibe entwickelt, welches in handelsüblichen Toastern zubereitet wird. Diese äußere Gestaltung des Formfleisches hatte die

BortN66 / Shutterstock.com
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Firma T. auch mittels eines Geschmacksmusters (sog. Designschutz) schützen lassen. Ein Wettbewerber brachte nun ein ebenfalls in Toastern zubereitendes Schnitzel auf den Markt, welches in der äußeren Gestaltung dem Originalprodukt sehr ähnlich war. Die Firma T. war deswegen der Meinung: „Don’t call it Schnitzel!“

Mittels einer Abmahnung und der darauffolgenden Klage versuchte die Firma T. nun, dem Konkurrenten die Herstellung und den Vertrieb von entsprechend geformtem Fleisch zu verbieten. Sie war der Meinung, das Schnitzel des Wettbewerbers könne mit dem eigenen Produkt verwechselt werden. Dadurch nütze der Wettbewerber die Marktstellung und den guten Ruf des „Originalprodukts“ aus, um so den eigenen Gewinn durch zusätzlichen Absatz zu steigern. Außerdem sei die Form des Schnitzels durch ein Geschmacksmuster geschützt.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt a.M. entschied in seinem Urteil vom 02.02.2010 – Az. 6 U 236/09, dass im vorliegenden Fall kein Unterlassungsanspruch der Firma T. bestand.

Hinsichtlich der geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche konnte der Wettbewerber glaubhaft machen, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung des Geschmacksmusters die Schnitzel der Firma T. von dieser vor Beantragung des Geschmacksmusters bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden waren. Damit war die von der Firma T. angemeldete Form des Schnitzels nicht mehr neu, und damit eine wesentliche Voraussetzung für den Gebrauchsmusterschutz nicht gegeben.

Dem Geschmacksmuster der Firma T. fehlte es hier aber auch an der erforderlichen Eigenart. Die Voraussetzungen für einen wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz sind nicht erfüllt, weil eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf den äußerlichen Besonderheiten des von der Firma T. hergestellten Produkts nicht vermeidbar war. Um ein toastbares Schnitzel herzustellen, müssen die Formfleischstücke nun einmal in handelsübliche Toaster passen. Dadurch war der Konkurrent in der Gestaltung der äußeren Form sehr begrenzt. Unter diesen Umständen konnte dem Wettbewerber auch nicht der Vorwurf der unangemessenen Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des „Originalproduktes“ gemacht werden.

Im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung sei die Vorinstanz außerdem mit Recht davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin erstmals umgesetzte – keinem Sonderrechtsschutz unterliegende – Produktidee, dem Verbraucher paniertes Formfleisch zur Zubereitung in einem handelsüblichen Toaster zur Verfügung zu stellen, als solche einem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz von vornherein entzogen ist. Dies gelte unabhängig davon, welche Bekanntheit die Antragstellerin mit ihrem Erzeugnis inzwischen auf dem Markt erlangt hat.

Selbst wenn man zu Gunsten der Firma T. unterstellt, dass Teile des Verkehrs derzeit wegen der Neuartigkeit des von der angebotenen Erzeugnisses und der dafür betriebenen Werbung „Don’t call it Schnitzel!“ dazu neigen, von dem panierten Fleisch in Form einer Toastscheibe auf einen bestimmten Hersteller zu schließen, geht von der angegriffenen Nachahmung nur dann die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung aus, wenn der Wettbewerber es unterlassen hätte, durch zumutbare Abweichungen z.B. bei der Verpackung, für eine Unterscheidbarkeit der sich gegenüberstehenden Produkte zu sorgen. Das war hier aber nicht der Fall.

Dass es an der Vermeidbarkeit der Herkunftstäuschung nach dem Wettbewerbsrecht fehlt, wird auch durch markenrechtliche Überlegungen bestätigt. Grundsätzlich ist zwar die Form einer Ware dem Markenschutz zugänglich. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Form der Ware zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, wobei es ausreicht, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nur einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann

Letztlich konnte die Firma T. das OLG Frankfurt unter keinem angesprochenen Gesichtspunkt überzeugen. In diesem Fall durfte der Wettbewerber also mit gutem Gewissen sagen: „Let`s call it Schnitzel!

Fazit

Die Schutzrechtlage, insbesondere die Neuheit und die Eigenart eines neuen Erzeugnisses sollte bewertet werden, bevor ein neues Produkt auf den Markt gebracht wird. Bei einer guten Rechtsberatung und der mit dem Berater entwickelten richtigen Strategie, können einfache Fehler vermieden werden und das neue Produkt einen optimalen Schutz entfalten.

Bei der Frage, ob die durch die äußerliche Erscheinung einer Ware hervorgerufene Verwechslungsgefahr vermeidbar im Sinne des Wettbewerbsrechts ist, muss berücksichtigt werden, dass eine Produktidee selber nie einem ergänzenden Leistungsschutz unterliegt. Wenn die Form des Produktes durch Notwendigkeiten bestimmt wird, fehlt es regelmäßig an der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart.

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
+49 711 41019073

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