Urheberrechtsverletzung „Gefällt mir“ – Problemfall Facebook

Jedenfalls Rechtsanwälte, die sich Tag für Tag mit dem Urheberrecht und dem Internet beschäftigen dürften sich kaum gewundert haben: im Internet macht ein Bericht von der ersten Facebook-Abmahnung wegen einer Verletzung von Lichtbildrechten die Runde. Das Entsetzen ist groß, obwohl bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken nichts anderes gilt als sonst: fremde Lichtbilder dürfen nur mit Zustimmung des Fotografen vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Diese Erkenntnis ist aber nicht das eigentliche Problem.

Thema00063Grund der Abmahnung war das Posting eines Facebook-Nutzers an die Pinnwand eines anderen. Gegenstand war ein Lichtbild, mit dessen Veröffentlichung der Berechtigte nicht einverstanden war. Sollte der Vorwurf zutreffen, liegt darin unzweifelhaft eine Urheberrechtsverletzung des Verfassers des Postings und vielleicht auch des Nutzers, auf dessen Pinnwand die Rechtsverletzung begangen wurde. Letzterer haftet jedenfalls ab Kenntnis von der Rechtsverletzung als Störer. Wann diese Kenntnis vorliegt – ob schon ab Kenntnisnahme des Postings oder erst ab Kenntnis von der fehlenden Zustimmung des Rechteinhabers – kann hier offen bleiben.

Das eigentliche Problem entsteht nämlich im Falle der Weiterverbreitung über die „Gefällt mir“-Funktion bei Facebook und der damit verbundenen exponentiellen Verbreitung des rechtsverletzenden Inhalts. Angenommen, 10 virtuellen Freunden gefällt der gepostete Inhalt und jeweils 10 von deren Freunden finden daraufhin ebenfalls Gefallen, kommen schon 110 potentielle Rechtsverletzungen zusammen. Eine Gelddruckmaschine könnte kaum effektiver arbeiten.

Voraussetzung für dieses Szenario ist allerdings, dass jeder dieser 110 Nutzer auch eine Rechtsverletzung begeht. Das könnte deshalb fraglich sein, weil durch das Urposting bereits eine Vervielfältigung des digitalen Lichtbilds auf den Facebook-Servern oder sonstwo angefertigt und zugänglich gemacht wurde. Alles, was danach kommt, stellt unjuristisch betrachtet lediglich eine Referenz auf diese Ur-Rechtsverletzung dar.

Jedenfalls für Links auf urheberrechtsverletzende Inhalte ist anerkannt, dass diese keinen selbstständigen Verletzungstatbestand und damit keine Urheberrechtsverletzung darstellen – jedenfalls dann nicht, wenn keine Sicherungsmaßnahmen umgangen werden, die den Zugriff nach bestimmten Kriterien einschränken sollen. Die Lage in dem hier behandelten alltäglichen Fall ist scheinbar vergleichbar: Durch den Klich auf den „Gefällt mir“-Button wird nur eine weitere Referenz auf das bereits vorhandene (rechtsverletzende) Lichtbild generiert.

So einfach ist es allerdings nicht. Im Unterschied zu einem einfachen Link bewirkt die „Gefällt mir“-Option nicht nur einen technischen Verweis auf den rechtsverletzenden Inhalt, sondern dessen Übernahme in das eigene Profil. Zwar bleibt der Speicherort derselbe, das Lichtbild wird aber in einen neuen Zusammenhang gestellt. Das reicht für eine eigenständige Urheberrechtsverletzung, zumal beim bisher typischen Fall – Einbindung fremder Bilder von fremdem Speicherort – niemand fragt, ob gleichzeitig eine rechtswidrige Vervielfältigung vorgenommen wurde. Fragen könnte man beim hier einschlägigen Fall der öffentlichen Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG allenfalls, ob das Reposting bei Facebook öffentlich oder privat ist. Das hängt nicht zuletzt von den Privatshpäre-Einstellungen des jeweiligen Nutzers und der Qualität seiner virtuellen Bekanntschaften ab. Ich bin eher geneigt, eine öffentlich Zugänglichmachung anzunehmen, weil es sozialen Netzwerken immanent ist, dass auch in persönlicher Hinsicht völlig unbedeutende Freundschaften existieren.

Schließlich liegt auch kein bloßer Verweis auf einen fremden Inhalt oder ein (untechnisches) Zitat vor. Der Nutzer, der die „Gefällt mir“-Option wählt, tut dies aus Überzeugung, weil er sich zu dem Inhalt bekennt. Damit macht er sich diesen aber zu eigen, weshalb es sich letztlich um einen eigenen Inhalt handelt.

Im Ergebnis sind daher alle Repostings eines rechtsverletzenden Eintrags vergiftet. Folge für die einzelnen Nutzer ist mindestens ein Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers, wobei es sich um eine Täter- und nicht nur eine Störerhaftung handelt (eigener Inhalt!). Ob ihn ein Verschulden und damit ein Schadensersatzanspruch trifft, ist eine andere Frage. Es steht aber zu befürchten, dass von den Gerichten auch hier die relativ strengen Sorgfaltspflichten zur Anwendung gebracht werden, wenngleich dies nur unter völliger Verkennung der Realität in sozialen Netzwerken wie Facebook gelingen kann.

Das größte Problem hat aber der Verfasser des Ersteintrags. Dieser kann und muss mit einer Weiterverbreitung des Inhalts rechnen und haftet damit u.U. für jedes Reposting als Täter. Ihn treffen damit theoretisch Schadensersatzansprüche des Rechteinhabers für hunderte oder tausende Rechtsverletzungen. Und dass alles auch dann, wenn er nicht vorsätzlich gehandelt, sondern sein Nutzungsrecht nur fahrlässig falsch eingeschätzt hat oder sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns überhaupt nicht bewusst war.

Wer böse ist, wird sich in Zukunft also nicht mit einem einzelnen Posting aufhalten, sondern bei der Weiterverbreitung des rechtsverletzenden Inhalts zuschauen und dann zu gegebener Zeit beim Erstverletzer zuschlagen. Vorstehendes gilt übrigens nicht notwendig nur bei Lichtbildern, sondern auch im Falle von sonstigen Urheberrechten und Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Es bleibt also spannend.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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