BGH:

Branchenbuchabzocke – Angebotsformulare laut BGH irreführend

Immer mehr und vor allem junge Selbstständige und Gewerbebetreibende lassen sich auf unseriöse Angebote für Einträge in Branchenbuchverzeichnissen ein. Da der Hinweis auf die Entgeltlichkeit bewusst im „Kleingedruckten“ versteckt wird, bemerken die Betroffenen erst mit dem Eingang der Rechnung, dass es sich bei den Werbeschreiben oder Korrekturabzügen um kostenpflichtige Angebote handelt.


Anbieter, wie „Gelbes Branchenbuch“ oder „Gewerbeauskunft-Zentrale“ gehen in den meisten Fällen nach vergleichbarem Muster vor.  Die Betroffenen erhalten ein zum Teil amtlich wirkendes  Formular, das auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, es handele sich um einen Korrekturabzug für einen bereits bestehenden Branchenbucheintrag. Sie werden aufgefordert, ihre Unternehmensdaten zu ergänzen und das Formular kostenlos zurückzusenden. Der Hinweis, dass mit der Unterzeichnung des Formulars ein kostenpflichtiger 2-Jahresvertrag abgeschlossen werden soll, wird bewusst unauffällig gestaltet. Nach Rechnungseingang sind die Betroffenen überrascht und können die zumeist überhöhten Kosten schlicht nicht nachvollziehen. Wird die Rechnung ignoriert, folgen zahlreiche Mahnungen und Aufforderungsschreiben von Inkassounternehmen. Auch gerichtliche Mahnverfahren sind nicht ausgeschlossen.

Zur Rechtslage

Dass die Vorgehensweise der entsprechenden Branchenbuchanbieter irreführend ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mit seinem Urteil vom 30.06.2011 (I ZR 157/10) entschieden. Darüber hinaus stellt eine Entgeltklausel, die nach Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt wird, dass sie dort nicht vermutet wird, eine überraschende Klausel dar, die nicht Vertragsbestandteil wird. Auch dies hat der BGH in seinem Urteil vom 26.07.2012 (VII ZR 262/11) entschieden.

Das seitens der Gewerbeauskunft-Zentrale in der Regel zitierte Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf  vom 13.10.2011 (40 C 8543/11) ist zwischenzeitlich überholt, nachdem das Amtsgericht Düsseldorf  in einem aktuellen Urteil vom 09.08.2012 (50 C 5266/12) festgestellt hat, dass der Gewerbeauskunftszentrale gerade keine Rechte oder Zahlungsansprüche zustehen, nachdem der Gegner den Vertragsschluss wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten hatte.

Ferner hat das Landgericht  Düsseldorf der Gewerbeauskunft-zentrale im Wege einer einstweiligen Verfügung vom  21.12.2012 (38 O 37/12) untersagt, entsprechende Formulare zu versenden und aufgrund einer darauf geleisteten Unterschrift des Adressaten von diesem Entgelte zu fordern. Bereits das übersenden des Formularschreibens stelle eine irreführende geschäftliche Handlung dar. Gleiches gelte auch für den Versuch, durch Rechnungsübersendungen, Mahnungen, Inkasso- und Rechtsanwaltsschreiben so gewonnene Kunden zur Zahlung zu bewegen.

Fazit

Insgesamt ist es daher bereits fraglich, ob in vergleichbaren Fällen von einem wirksamen Vertragsschluss auszugehen ist. Je nach Gestaltung der jeweiligen Angebotsformulare kommt in der Regel eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht, wodurch der Vertrag als von Anfang nichtig gilt. Die Vertragsanfechtung muss dabei binnen einer Jahresfrist erfolgen, die mit der Kenntnis über die Täuschung beginnt.

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Helene Klassen-Rock

Rechtsanwältin . Senior Associate
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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