Darf ein Lichtbild eines gemeinfreien urheberrechtlichen Werkes gewerblich genutzt werden? Diese Rechtsfrage hatte das Amtsgericht Nürnberg im Zusammenhang mit der Verwendung einer Fotografie eines über 150 Jahre alten Gemäldes von Cäsar Willich zu entscheiden.
Der Urheberschutz für urheberrechtliche Werke beträgt 70 Jahre. Nach Ablauf der Schutzfrist sind die Werke gemeinfrei, d.h. das die Werke dann frei, also auch gewerblich, genutzt werden dürfen, da an ihnen dann kein Urheberschutz mehr besteht.
In dem vor dem AG Nürnberg verhandelten Fall ging es um eine Nutzung einer Lichtbildaufnahme eines über 150 Jahre alten Gemäldes von Cäsar Willich, welches im Eigentum des Reiss-Engelhorn Museums steht. Das Museum fertigte eine Fotografie des Gemäldes an und gestattet die Nutzung des Bildes gegen eine Lizenzgebühr. Gleichzeitig verbietet das Museum seinen Besuchern eigene Bilder von dem im Museum ausgestellten Bildern zu machen.
Nachdem ein Fotograf durch dieses Verbot keine Möglichkeit hatte ein eigenes Bild von dem gemeinfreien Gemälde zu machen, nutzte er das Bild des Museums gewerblich, allerdings ohne einen Lizenzvertrag mit dem Museum abzuschließen.
Dagegen ging das Reiss-Engelhorn Museum vor, da es in der Nutzung der Lichtbildaufnahme eine Verletzung seiner Lichtbildrechte sah.
Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 28.10.2015 (Az. 32 C 4607/15) entschieden, dass an Bildern gemeinfreier Werke kein urheberrechtlicher Lichtbildschutz besteht.
Das AG stellt zunächst fest, dass es sich bei dem Bild mangels Schöpfungshöhe nicht um ein urheberrechtliches Werk handelt sondern um eine sogenannte Reproduktionsfotografie eines gemeinfreien Werkes. Es handele sich aber bei der Lichtbildaufnahme um ein ähnlich wie ein urheberrechtliches Werk geschütztes Lichtbild.
Ausnahmsweise sei in diesen Fällen aber ein Lichtbildschutz zu verneinen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Museum als Eigentümerin eine Vervielfältigung des gemeinfreien Werkes verbiete. Soweit ein Kunstinteressent Ablichtungen eines Gemäldes aus dem Bestand des Museums verwenden möchte, sei er dadurch auf die von dem Eigentümer aufgenommenen Lichtbilder angewiesen und insoweit verpflichtet, mit dem Museum einen Lizenzvertrag abzuschließen. Im Endeffekt werde damit die Wertung der Gemeinfreiheit nach Ablauf der Schutzfrist von 70 Jahren umgangen. Daher sei ein Lichtbildschutz zu versagen.
Fazit
Der Lichtbildschutz ist zur schutzunfähigen mechanischen Reproduktionsfotografie abzugrenzen, bei der es sich, wie im Falle einfacher Fotokopien, lediglich um eine Vervielfältigung des aufgenommenen Werkes handelt.
Das Amtsgericht Nürnberg stellt zunächst fest, dass es sich um eine solche Reproduktionsfotografie handelt. Bei Annahme einer solchen Reproduktionsfotografie wäre die Abweisung der Klage folgerichtig. Dann kann es sich bei dem Bild aber nicht mehr um ein Lichtbild mit urheberrechtsähnlichem Schutz handeln, wie das Gericht anschließend feststellt. Wenn ein Lichtbildschutz besteht, hätte das Amtsgericht der Klage stattgeben müssen, da die Aufnahme zumindest ein Mindestmaß an Kreativität des Fotografen haben müsste, welche dann auch schützenswert wäre.
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