LG Stuttgart:

Daimler verliert Streit um illegale Aufnahmen

Darf ein öffentlich-rechtlicher TV-Sender rechtswidrig aufgenommenes Filmmaterial im Rahmen einer Fernsehdokumentation ausstrahlen oder stehen einer solchen Nutzung Unternehmenspersönlichkeitsrechte entgegen? Diese Rechtsfrage hatte das Landgericht Stuttgart jüngst zu entscheiden.

Video auf schwarzEin für den SWR tätiger Journalist hatte  sich zum Zwecke einer verdeckten Recherche über eine Leiharbeitsfirma bei der Daimler AG einen Job besorgt.   Während seiner Tätigkeit in einem Mercedes Werk in Stuttgart-Untertürkheim fertigte der Journalist mit mehreren versteckten Videokameras heimliche Bewegtbildaufnahmen an. In einer vom SWR für das ARD produzierten Dokumentation mit dem Titel „Hungerlohn am Fließband – Wie Tarife ausgehebelt werden“, wurden die heimlichen Aufnahmen dann verwendet und ausgestrahlt.

Der Autobauer wehrte sich nach der ersten Ausstrahlung gegen den sehr negativen Bericht. Die Daimler AG war der Meinung, dass die ohne Genehmigung aufgenommenen Filmaufnahmen rechtswidrig seien und das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens verletzen und forderte daher die Unterlassung der Nutzung von dem Sender.

Entscheidung des Gerichts

Mit Urteil vom 09.10.2014 – Az. 11 O 15/14 (Pressemitteilung) wies das Landgericht Stuttgart die Klage der Daimler AG ab.

Zur Begründung führte das LG Stuttgart aus, dass die Herstellung des Bildmaterials zwar rechtswidrig gewesen sei, weil der Journalist das Hausrecht der Daimler AG verletzt habe,  die Reportage aber einem überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse diene. Die Reportage habe die Öffentlichkeit über einen Missstand informiert, welche in der unterschiedlichen Bezahlung von Festangestellten und Leiharbeitern bei dem Autokonzern liege. Hinsichtlich dieses Missstandes bestehe daher ein überragendes öffentliches Informationsinteresse.  Die Nachteile, die aus der rechtswidrigen Informationsbeschaffung resultierten, habe die Daimler AG daher hinzunehmen.

Fazit

Die Nutzung des rechtswidrig aufgenommenen Bildmaterials ist nach der Rechtsauffassung des LG Stuttgart  durch die Meinungs- und Rundfunkfreiheit des SWR gerechtfertigt. Ob das OLG Stuttgart diese Entscheidung bestätigt bleibt abzuwarten. Dabei kann man durchaus die Frage stellen, ob eine Berichterstattung über den offenbar bestehenden Misstand nicht auch ohne die Nutzung von rechtswidrig beschafftem Bildmaterial möglich gewesen wäre.

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