Schlechte Bewertungen sind für viele Unternehmen ein Ärgernis, besonders wenn der Bewertende gar kein Kunde war. Aber reicht es bei anonymen Bewertungen aus, zu behaupten den Bewertenden nicht zu kennen? Muss das Bewertungsportal ggfs. einen Kundenkontakt zwischen Bewertendem und dem Unternehmen nachweisen? Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte hier vielen Unternehmen Hoffnung machen.
Bewertungen im Internet sind für Unternehmen Fluch und Segen zugleich. Viele Menschen informieren sich auf Google, Amazon, tripadvisor oder HolidayCheck über die Bewertungen von Waren, Reiseangeboten und anderem bevor sie bestellen bzw. einen Urlaub buchen. Bewertungen beeinflussen so maßgeblich die Kaufentscheidungen der Konsumenten. Unternehmer nutzen die Vorteile positiver Bewertungen zu ihren Gunsten. Negative Bewertungen wiederum können zu Umsatzeinbußen führen. Stammen die Bewertungen nicht einmal von Kunden, sondern von Konkurrenten oder anderen Dritten, die dem Unternehmen nur schaden wollen, ist dies besonders ärgerlich. Aber wie weist der Unternehmer dies nach bei anonymen Bewertungen.
So erging es einem Betreiber eines Ferienparks, der ein Dutzend schlechter Bewertungen auf einem Reiseportal erhalten hatte. Ausgehend davon, dass es sich nicht um eigene Gäste handelte, bestritt er schlicht, dass die Bewertungen überhaupt von Gästen kamen und verlangte deren Löschung. Die negativen Bewertungen waren schließlich nur mit Vornamen oder Initialen der angeblichen Gäste veröffentlicht worden. Die Betreiber des Bewertungsportals fühlten sich nicht verpflichtet, Nachforschungen zu den Nutzern und einem tatsächlichen Gästekontakt anzustellen und entfernten deren Bewertungen dementsprechend auch nicht. Hiergegen ging der Betreiber des Ferienparks gerichtlich vor.
BGH stärkt Rechte von bewerteten Unternehmen
Mit Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20 haben die Bundesrichter entschieden, dass die Rüge der bewerteten Ferienparkbetreiberin, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, ausreiche, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts, sei die Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Die Betreiber des Bewertungsportals seien dann in der Pflicht den Gästekontakt nachzuweisen.
In erster Instanz hatte das Landgericht Köln die Klage der Ferienparkbetreiberin mit Urteil vom 11.12.2019 – 28 O 242/19 abgewiesen. Das Oberlandesgericht Köln war anderer Ansicht und verurteilte die Portalbetreiber mit Urteil vom 27.08.2020 – 15 U 309/19 die negativen Bewertungen nicht mehr zu veröffentlichen.
„Fake“-Bewertungen verletzen das Unternehmerpersönlichkeitsrecht
Die Richter in Karlsruhe betonten, dass das Persönlichkeitsrecht der Unternehmerin verletzt werde, wenn negative Bewertungen von Nutzern, zu denen die Ferienparkbetreiberin einen Gästekontakt bestreite, öffentlich auf dem Internetportal bestehen blieben. Das Bewertungsportal müsse bei Hinweisen auf solche Nutzer zwar keine aufwendigen, aber zumutbaren Nachforschung betreiben (z.B. betreffenden Nutzer kontaktieren) und den Gästekontakt nachweisen.
Bewertungsportal muss einen Kundenkontakt nachweisen
Die bloße Rüge eines Gästekontakts sei auch dann ausreichend, wenn für einen Kontakt sprechende Angaben vorliegen (z.B. Fotos der Anlage in der Bewertung). Die Ferienparkbetreiberin könne die Angaben nicht überprüfen. Daher müsse sie die Behauptung des fehlenden Gästekontakts nur näher begründen, wenn sich die Identität des Bewertenden für sie ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt.
Der Portalbetreiber haftet hier als mittelbarer Störer für die rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung auf dessen Bewertungsportal, so die Richter des BGH.
Unterlässt das Portal die erforderlichen Nachforschungen dann ist nach Ansicht des BGH davon auszugehen, dass der Gästekontakt nie bestanden hätte und die Bewertung gelöscht werden müsse.
Im Zweifel für die bewerteten Unternehmer
Die obersten Richter des BGH sehen die Betreiber der Bewertungsportale in einer selbstverursachten Handlungspflicht. Demnach berge der Betrieb eines Portals mit Bewertungsmöglichkeit ein schon von vornherein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich.
Der Portalbetreiber müsse deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Die Richter betonten im Urteil, dass die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren dadurch verstärkt werden, dass die Bewertungen anonym oder unter einem Pseudonym abgegeben werden können. Daher war es der klagenden Ferienparkbetreiberin unmöglich die Identitäten der vermeintlichen Gäste in Erfahrung zu bringen. Daher müsse im Zweifel das Bewertungsportal einen Kundenkontakt nachweisen.
FAZIT
Mit seiner Entscheidung schiebt der BGH den schwarzen Peter zum Nachweis eines tatsächlichen Kontakts richtigerweise den Betreiber von Bewertungsportalen zu. Denn das bewertete Unternehmen weiß in der Regel überhaupt nicht, wer es da bewertet und ob dieser tatsächlich jemals mit ihm in Kontakt stand oder ob der Konkurrent oder andere hinter der Bewertung stecken. Soweit sich der Kundenkontakt nicht eindeutig ergibt, bleibt es daher weiterhin eine vielversprechende Strategie den Kontakt zu bestreiten. Wir haben mit dieser Strategie in der Vergangenheit bereits vielfach gute Erfahrungen gegenüber Bewertungsportalen für unsere Mandanten gemacht.
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