BGH:

Haftung eines Bewertungsportals im Internet

Wann und in welchem Umfang haften Bewertungsportale im Internet für Bewertungen ihrer Nutzer? Wann macht sich ein Bewertungsportal die Aussage zu Eigen? Der Bundesgerichtshof hat sich hierzu geäußert.

Eine Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie wehrte sich gegen eine Bewertung auf einem Bewertungsportal im Internet. Auf dem Bewertungsportal können Patienten Kliniken bewerten.

Bewertungsportal für Kliniken Störerhaftung

Ein Patient, der an der Nasenscheidewand in der Klinik operiert wurde und bei dem 36 Stunden nach der Operation und nach Verlegung in ein anderes Krankenhaus eine Sepsis aufgetreten war, stellte auf dem Bewertungsportal eine Bewertung mit Erfahrungsbericht ein. Darin behauptete der Patient, es sei bei einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen und das Klinikpersonal sei mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was beinahe zu seinem Tod geführt habe.

Die Klinik sah sich hier zu Unrecht angegriffen und mit unwahren Behauptungen konfrontiert. Sie forderte das Bewertungsportal auf, den Beitrag zu löschen.

Statt den Beitrag ganz zu löschen, wurde dieser vom Bewertungsportal selbst geändert. Zu mehr war das Bewertungsportal nicht bereit.

Entscheidung des Gerichts zur Haftung des Bewertungsportals

Der BGH (Urteil vom 04.04.2017 – Az. VI ZR 123/16) entschied, dass das Bewertungsportal sich die angegriffenen Äußerungen zu eigen gemacht. Damit hafte es als unmittelbarer Störer.

Das Bewertungsportal habe die Äußerungen des Patienten auf die Rüge der Klinik inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem es selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten – entschieden habe, welche Äußerungen es abändert oder entfernt und welche es beibehält.

Diesen Umgang mit der Bewertung habe es der Klinik als der von der Kritik Betroffenen kundgetan. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe das Bewertungsportal somit die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen.

Da es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handele, habe das Recht des Bewertungsportals auf Meinungsfreiheit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klinik zurückzutreten.

Fazit

Betreiber von Bewertungsportalen sollten es tunlichst unterlassen Bewertungen ihrer Nutzer eigenmächtig zu bearbeiten, da sie sonst Gefahr laufen selbst in Anspruch genommen zu werden. Entweder sollten beanstandete Bewertungen entfernt, durch den Bewertenden geändert oder unverändert beibehalten werden. Zwar droht auch bei einer vom Nutzer geänderten oder unveränderten Bewertung möglicherweise rechtlicher Streit, allerdings kann der Portalbetreiber insoweit zumindest argumentieren, er habe sich den Inhalt nicht zu Eigen gemacht.

 

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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