OLG Köln:

Irrtümliche Angabe führt zu Wettbewerbsverstoß!

Führt eine irrtümliche Angabe auf einem Verkaufsportal zu einem Wettbewerbsverstoß, wenn der Algorithmus der Plattform das Angebot (fälschlicherweise) als „TOP-Angebot“ listet? Ja, meinte das Oberlandesgericht Köln.

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Ein Auto-Händler bewarb auf einer Autoverkaufsplattform (Autoscout24) einen Pkw Golf unter Angabe eines Kilometerstands von „2.040 km“ für 1.100  Euro. Das Angebot wurde von Autoscout als „TOP ANGEBOT“ ausgewiesen. Tatsächlich betrug der Kilometerstand jedoch statt 2.040 km in Wahrheit 204.032 km. Die irrtümliche Angabe hinsichtlich des Kilometerstands war aus einer in das Angebot eingefügten Ablichtung des Tachometers ersichtlich.

Die Vorinstanz (LG Bonn, Az.  14 O 151/19) hatte angenommen, dass eine Irreführung nicht vorliege, jedenfalls nicht spürbar sei. Der angesprochene Verkehr würde aufgrund der Diskrepanz den offensichtlichen Eingabefehler erkennen und würde weiter auch durch das Foto vom Tachometer ausreichend aufgeklärt. Die irrtümliche Angabe führe also nicht zu einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Der Rechtsstreit landete schließlich beim OLG Köln.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln (Beschl. v. 09.03.2020, Az. 6 W 25/20) hat entschieden, dass auch eine irrtümliche Angabe, welche automatisch zur Werbung mit „TOP-Angebot“ führt, irreführend ist.

Eine geschäftliche Handlung sei irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthalte. Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend ist, komme es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorrufe.

Die Kilometerstandangabe im Angebotstext war auf  Autoscout24 neben dem Preis entscheidend für die Bewertung eines Angebots durch den Algorithmus der Plattform. Vor allem aus dem Verhältnis von Kilometerstand und Kaufpreis errechnet der Algorithmus danach die Günstigkeit und Wertigkeit eines Angebots, der dann mit einem blickfangmäßig hervorgehobenen Hinweis im entsprechenden Angebot erscheint. Somit führte die fehlerhafte Angabe im Angebotstext zu einer Bewertung als „TOP ANGEBOT“, obwohl das Angebot wegen der hohen tatsächlichen Laufleistung tatsächlich nicht die Kriterien für ein „TOP ANGEBOT“ erfüllte.

Damit liege eine blickfangmäßig hervorgehobene unwahre Bewertung vor, über die nicht ausreichend aufgeklärt werde.

Irrtümliche Angabe vs. Algorithmus

Der Knackpunkt war die Frage, ob die irrtümliche Angabe des Kilometerstandes und die automatische Klassifizierung als „Top-Angebot“ durch den Autoscout24-Algorithmus dem Händler zuzurechnen war.

Dieser Umstand, dass die Bewertung als „TOP ANGEBOT“ nicht vom Händler selbst vorgenommen worden ist, sondern auf einem Algorithmus der Plattform beruht, stehe einer Irreführung durch den Händler nicht entgegen. Es sei nämlich so, dass der Algorithmus auf die von den Anbietern zur Verfügung gestellten Daten (u.a. Preis und Km-Stand) zurückgreife und damit die Bewertung als „TOP ANGEBOT“ letztlich auf einer eigenen Handlung des Beklagten bzw. seines Mitarbeiters beruhe. Diese Handlung sei dem Händler damit als Teil seines Angebots zuzurechnen.

Fazit

Auch eine irrtümliche Angabe kann zu einer wettbewerbswidrigen Werbung führen. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn die (nicht den Tatsachen entsprechende) Bewerbung als „Top-Angebot“ automatisch aufgrund einer irrtümlichen Angabe erfolgt.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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