OLG Dresden:

Unzulässiges Abfangen von Kunden durch Krankenversicherer

Stellt es ein unlauteres Abfangen von Kunden durch Krankenversicherer dar, wenn dieser durch Anbieten einer Vergünstigung den Patienten zu einem Wechsel zu den mit dem Versicherer in einem Netzwerk verbundenen Zahnärzten zu bewegen versucht? Ja, meint das Oberlandesgericht Dresden.

Abfangen von Kunden durch Krankenversicherer Wettbewerbsrecht Arzt
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Eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis ging gegen einen privaten Krankenversicherer vor. Eine Versicherungsnehmerin reichte bei der Krankenversicherung einen Heil- und Kostenplan ein. Danach ließ die Krankenversicherung der Versicherungsnehmerin ein Schreiben zukommen, in dem die tarifgemäße Regulierung der für die Behandlung anfallenden Kosten in Aussicht gestellt wurde.

Zudem wies der Versicherer auf das Recht zur freien Arztwahl hin, bewarb aber andererseits auch „Vorteile bei einer Behandlung durch unseren Gesundheitspartner“. Weiter wurde in Aussicht gestellt:

Entscheiden Sie sich für unseren Gesundheitspartner, erhöht sich sogar ihr Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 %.

Die Arztpraxis war der Auffassung, dass das Verhalten des Versicherers ein wettbewerbswidriges Abfangen von Kunden darstellt und klagte. Die erste Instanz  wies die Klage ab, weshalb die Arztpraxis Berufung beim OLG Dresden einlegte.

Unzulässiges Abfangen von Kunden durch Krankenversicherer

Das OLG Dresden (Urt. v. 09.10.2020, Az. 14 U 807/20) sah in dem Verhalten des Versicherers ein Abfangen von Kunden, welches in dieser Form nicht mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar war.

Das Angebot des Versicherers, die Kostenerstattung um 5% zu erhöhen, wenn sich die Patientin bei einem der Netzwerkpartner des Versicherers behandeln lasse, stelle eine unlautere, gezielte Mitbewerberbehinderung dar. Dies begründe den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, so die Richter.

Denn durch dieses Verhalten wirke der Versicherer in unangemessener Weise auf Kunden ein, um sie als Kunden ihrer Netzwerkpartner zu gewinnen. Der Versicherer stelle sich somit mehr oder weniger zwischen die Arztpraxis und seine Versicherungsnehmerin, um dieser eine Änderung ihrer bereits getroffenen Entscheidung aufzudrängen.

Der Versicherer habe seine Position als Krankenversicherer verfahrensfremd dazu ausgenutzt, die Nachfrage auf seine Netzwerkpartner umzulenken. Mit dem 5%-Hinweis greife der Versicherer in das Recht der Versicherungsnehmerin auf freie Arztwahl ein.

Fazit

Es stellt ein unlauteres Abfangen von Kunden durch Krankenversicherer dar, wenn dieser seine Schlüsselposition dazu nutzt, den Patienten zu einem Wechsel zu den mit dem Versicherer in einem Netzwerk verbundenen Zahnärzten zu bewegen, indem er ihm eine Vergünstigung in Aussicht stellt.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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