Ist eine Gegenabmahnung rechtsmissbräuchlich? Immer wieder wird dieser Einwand von Abmahner erhoben, die sich darüber ärgern, dass sich der Abgemahnte mit den gleichen Mitteln wehrt. Der Bundesgerichtshof hat nun zur Zulässigkeit einer Gegenabmahnung eines zuvor abgemahnten Händlers Stellung genommen.
Ein Händler verkaufte auf Amazon-Marketplace Drucker und Druckerzubehör. Ein auf eBay tätiger Mitbewerber versteigerte mehrere Tonerkartuschen auf eBay. Diese Angebote enthielten jedoch jeweils eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Aufgrund dessen mahnte der Marketplace-Händler seinen Mitbewerber ab.
Der ausgesprochenen Abmahnung folgte eine Gegenabmahnung seitens des auf eBay tätigen Mitbewerbers. Er machte geltend, der Marketplace-Händler habe diverse Drucker und zugehöriges Zubehör angeboten, ohne dabei in der Widerrufsbelehrung die im Impressum genannte Telefonnummer angegeben zu haben. Dies stellte im vorliegenden Fall einen eindeutigen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar. Der Marketplace-Händler sah in der Gegenabmahnung jedoch ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen.
Der Rechtsstreit mündete mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung in einem gerichtlichen Verfahren, das schließlich vor dem BGH endete.
Entscheidung des BGH zur Gegenabmahnung
Der BGH (Urteil vom 21.01.2021, Aktenzeichen I ZR 17/18) erachtete die Gegenabmahnung des eBay-Händlers nicht als rechtsmissbräuchlich. Es könne nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten in Form der Gegenabmahnung ausgegangen werden.
Grundsätzlich kann nach den Bestimmungen des Wettbewerbsrechts eine Abmahnung unzulässig sein. Nämlich dann, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Dabei ist von einem Rechtsmissbrauch auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen jedoch nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen.
Gegenabmahnung rechtsmissbräuchlich?
Diese Voraussetzungen sah der BGH jedoch als nicht erfüllt an. Der Vorwurf eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens liege nicht vor. Die Gegenabmahnung wegen eines vergleichbaren Verstoßes weise zunächst nur darauf hin, dass der eBay-Händler im Ergebnis nicht schlechter stehen wollte als der zuerst abmahnende Marketplace-Händler.
Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs reiche diese Motivation allein jedoch nicht aus. Es könne nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Gegenabmahnung gesprochen werden, so die höchsten Richter.
Fazit
Eine Gegenabmahnung kann eine geeignete und rechtlich zulässige Reaktionsmöglichkeit auf eine Abmahnung sein, sich gegen eine Abmahnung zur Wehr zu setzen. Der vielfach reflexhaft erhobene Einwand eine solche Gegenabmahnung sei missbräuchlich greift in der Regel nicht. Schließlich muss sich der Abmahnende an die gleichen Vorgaben halten, wie der Abgemahnte. Andernfalls würde sich stets nur derjenige durchsetzen, der die Abmahnung zuerst ausspricht, was im Ergebnis nicht richtig sein kann.
Bevor man andere abmahnt, sollte man daher prüfen, ob man selbst Angriffsfläche bietet um einen Boomerang in Form einer Gegenabmahnung zu vermeiden.
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