LG Koblenz:

Werbung mit Fernbehandlungen und erfundenem Facharzt

Ein Arzt der mit „Fachgesprächen über Telefon und Video“ und damit mit Fernbehandlungen, sowie nicht existierende Facharztbezeichnungen wirbt verhält sich wettbewerbswidrig. Dies befand das Landgericht Koblenz – zurecht?

Ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nahm einen Arzt wegen dessen E-Mail-Werbung in Anspruch. Der Arzt warb mit „Fachgesprächen über Telefon und Video“, stellte dabei den Behandlungsablauf dar und warb mit „Diagnostik für alle Organsysteme“.

Der Arzt warb ferner damit, Facharzt für „Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie, Energie- und Raumfahrtmedizin“ zu sein.

Irreführung durch nicht existierende Facharztbezeichnungen

Das LG Koblenz (Urteil vom 20.07.2021 – Az. 1 HK O 29/21) führt zutreffend aus, dass Facharzttitel nur dann verwendet werden dürfen, wenn sich dies aus der Weiterbildungsordnung der Ärzte ergibt. Eine solche Fachzahnarztbezeichnung wird von der jeweils zuständigen Bezirksärztekammer erteilt und darf ohne Erteilung der Anerkennung nicht geführt werden.

Der Begriff „Facharzt“ stehe daher für eine Spezialisierung, die durch Erlangung entsprechender Kenntnisse nachgewiesen werde und damit zur Führung der Facharztbezeichnung berechtige.

Es ist daher unzulässig, mit Facharztbezeichnungen zu werben, die es überhaupt nicht gibt. Die Verbraucher nehmen mangels weiterer Konkretisierung und klarstellenden Hinweises an, dass ein Arzt, der sich als „Facharzt“ bezeichnet, eine entsprechende Weiterbildung abgeschlossen hat.

Verstoß gegen das Verbot zur Werbung mit Fernbehandlungen

Eine Fernbehandlung liegt vor, wenn allein auf Grund einer schriftlichen, fernmündlichen, über andere Medien oder Dritte auf Distanz vermittelten Information eine Diagnose gestellt oder ein Behandlungsvorschlag erteilt wird, ohne den Patienten persönlich gesehen bzw. untersucht zu haben.

Die Werbung für Fernbehandlungen ist nach dem HWG grundsätzlich untersagt. Ausnahmsweise ist eine Werbung für Fernbehandlungen zulässig, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.

Der Maßstab für die „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ ergibt sich aus der Muster-Berufsordnung für Ärzte, wo es heißt:

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Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.

Laut LG Koblenz fehlte es an einer Begründung, warum nach allgemein anerkannten fachlichen Standards für die „Diagnostik für alle Organsysteme“ ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Daher – so das Gericht – liege ein Verstoß gegen Heilmittelwerberecht vor.

Fazit

Ärzte dürfen mit Facharztbezeichnungen nur für solche Bereiche werben, die in der Weiterbildungsordnung der Ärzte als „Gebiete“ ausgewiesen sind. Sollte der Arzt in einem nicht in der Weiterbildungsordnung der Ärzte als Gebiet ausgewiesenem Bereich vertiefte Kenntnisse erlangt haben und dafür werben wollen, muss eine Bezeichnung gewählt werden, die keine entsprechende Facharztbezeichnung erwarten lässt.

In Bezug auf die Werbung für Fernbehandlungen überzeugt die Entscheidung des LG Koblenz nicht. Die vom Gesetzgeber verfolgte Liberalisierung für die Werbung mit Fernbehandlungen setzt nicht voraus, dass der Arzt innerhalb der Werbung begründet, warum für die beworbene Behandlung kein persönlicher ärztlicher Kontakt erforderlich ist. Der Arzt muss „nur“ sicherstellen, dass sich seine Werbung nur auf Behandlungen bezieht, bei denen Fernbehandlungen nach den „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ grundsätzlich möglich sind. Das vom Arzt beworbene „Behandlungsmodell“ muss ihm die Möglichkeit geben, im Einzelfall eine Entscheidung darüber treffen, ob Fernbehandlungen auch im konkreten Einzelfall, d.h. im konkreten Arzt-Patienten-Verhältnis diesen Standards genügen.

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