OLG Köln:

Kennzeichenverletzung / Irreführung durch falsche GTIN

Der EAN-Code bzw. heute die GTIN (Barcode) dient der internationalen Identifizierung einer Ware. Über diese Nummer lassen sich nicht nur Daten zur Ware selbst, sondern auch zum Hersteller in Erfahrung bringen. Dies kann Probleme bereiten, wenn auf einer Ware (versehentlich) die Identifikationsnummer eines anderen Unternehmens abgedruckt ist, wie ein Verfahren vor dem OLG Köln zeigt.

Bar Code Identity Marketing Data Encryption ConceptDie Antragstellerin stellt medizinische Hilfsmittel für den Fuß her, die sie unter der Marke „Condor“ vertreibt, die zugleich ihre Unternehmensbezeichnung darstellt. Die Antragsgegnerin betreibt Einzelhandelsgeschäfte für Schuhwaren und hat in einem ihrer Läden Crocs verkauft, die mit einer falschen GTIN versehen waren. Beim Auslesen der Nummer wurden die Daten der Fa. Condor angezeigt, nämlich Name, Anschrift und Kontaktdaten. Daraufhin verlangte diese Unterlassung von dem Einzelhändler, gestützt auf eine Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens und eine Irreführung über die Herkunft des Artikels. Das Landgericht hat die beantragte Einstweilige Verfügung erlassen und im Widerspruchsverfahren bestätigt. Hiergegen wendet sich der Einzelhändler mit seiner Berufung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln hat die Einstweilige Verfügung mit Urteil vom 27.03.2015 (Az. 6 U 185/14) aufgehoben. Das Gericht bezweifelte in seiner Begründung bereits das Vorliegen einer kennzeichenmäßigen Benutzung, da die GTIN jedenfalls neben einer bekannten Bezeichnung (Crocs) keinen zusätzlichen Herkunftshinweis mehr beinhalte. Eine mögliche Verwechslungsgefahr zwischen dem Zeichen „Condor“ und dem Barcode als solchem wurde aufgrund der offensichtlichen Unähnlichkeit der Zeichen und auch der Waren (Freizeitschuhe gegenüber Stütz- und Stabilisierungshilfen) ebenso verneint wie eine Ähnlichkeit in der Bedeutung, die hinsichtlich des Barcodes überhaupt nur durch die Vornahme weiterer Schritte zu ermitteln sei.

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen Irreführung wurden gleichfalls verneint, da die Abnehmerkreise beider Produkte verschieden seien. Während die medizinischen Hilfsmittel einem Fachpublikum angeboten würden, verkaufe der Einzelhändler die Freizeitschuhe an jedermann. Schließlich würde auch die kennzeichenrechtliche Wertung eine Andersbeurteilung unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten ausschließen.

Fazit

Das Gericht macht es sich durch den Verweis auf die Wertung des Kennzeichenrechts zu leicht, dass der Grundsatz vom Vorrang des Markenrechts von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung längst aufgegeben wurde. Es wäre daher durchaus eine Überlegung wert gewesen, ob die (bewusste oder versehentliche) Verwendung eines falschen bzw. fremden Barcodes nicht doch eine Irreführung darstellen kann. Vor allem in Zeiten computergestützter Preisvergleiche kommt der EAN bzw. GTIN auch als Herkunftshinweis eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Man denke nur an die zentrale Datenhaltung bei Amazon. Hier wird jedes Produkt bzw. jede GTIN für alle Händler nur eine einzige Produktbeschreibung vorgehalten. Die Richtigkeit der in diesem Zusammenhang verwendeten GTIN, die in der ASIN rekonstruierbar verschlüsselt ist, hat daher eine maßgebliche Bedeutung für die Identifizierung der beworbenen Ware.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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