Verstoßen Nachahmungen des bekannten Capri-Sonne Standbeutel gegen das Wettbewerbsrecht auch wenn keine Marken- oder sonstigen Schutzrechte (mehr) bestehen? Ja und zwar aus wettbewerbsrechtlichem Leistungssschutz urteilte das Oberlandesgericht Köln.
Das Kinder-Fruchtsaftgetränk „Capri-Sonne“ bzw. nunmehr „Capri-Sun“ wird seit 1969 in zahlreichen Sorten hergestellt.
Charakteristisch für dieses Fruchtsaftgetränk ist der sog. Standbeutel, in welchem das Getränk angeboten wird. Der Standbeutel war von 1996 bis 2014 als dreidimensionale Marke eingetragen, wurde aber wegen absoluter Schutzhindernisse (Schutzhindernis der technisch bedingten Form, siehe BPatG, Beschl. v. 28.06.2017, Az. 26 W (pat) 63/14) gelöscht.
Ein anderer Fruchtsafthersteller stellte auf einer Lebensmittelmesse eigene Fruchtsaftgetränke in Standbeuteln aus. Der Hersteller der Capri-Sun erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, gestützt auf die damals noch eingetragene Marke.
In einem früheren Verfahren konnte der Fruchtsafthersteller noch aus dem Markenrecht gegen Nachahmer vorgehen. Nachdem die Marke jedoch zwischenzeitlich gelöscht wurde, stützte sich der Capri-Sun-Hersteller im vorliegenden Hauptsacheverfahren auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz und wollte dadurch u.a. die Unterlassung des nachahmenden anderen Herstellers erreichen. Nachdem das LG Köln diesem Anspruch stattgegeben hat, legte der nachahmende Hersteller Berufung beim OLG Köln ein.
Entscheidung des Gerichts zum Capri-Sonne Standbeutel
Das OLG Köln (Urt. v. 29.11.2019, Az. 6 U 82/19) stellte fest, dass die Verwendung des Standbeutels eine unlautere Herkunftstäuschung darstellt.
In diesem Zusammenhang komme es auf den Grad der wettbewerblichen Eigenart des Originals (Capri-Sun) und der Art und Weise und Intensität der Übernahme an, so das Gericht.
Der Standbeutel sei für ein Saftgetränk geeignet, auf einen bestimmten Hersteller hinzuweisen. Das Umfeld zeige, dass es außer dem klägerischen Produkt kein Produkt gibt, das eine vergleichbare Ausstattung aufweist. Die Ausstattung des Capri-Sun-Standbeutels weise daher von Haus aus bereits eine durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart auf. Da das klägerische Produkt durch die Dauer und die Intensität seines Marktauftritts seit 1969 sehr bekannt ist, sei sogar von einer gesteigerten und damit überdurchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart auszugehen.
Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass der Capri-Sun-Standbeutel nahezu identisch nachgeahmt wurde. Der andere Hersteller habe nicht nur den „nackten“ Standbeutel quasi identisch übernommen, sondern auch die sonstigen Gestaltungsmerkmale.
So habe er auch seine Marke und die Bild- und Farbelemente nur auf der Schauseite aufgedruckt. Alle sonstigen Angaben wie Zutaten, Nährstoffangaben etc. befänden sich auf der silberfarbenen Rückseite des aluminiumfarbenen „nackten“ Standbeutels. Die Ausstattung entspreche vom Aufbau her daher fast 1:1 dem Aufbau des Capri-Sun-Standbeutels.
Fazit
Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungssschutz kann ein Verteidigungsmittel gegen unzulässige Nachahmungen Dritter sein. Dies kann auch dann gelten, wenn sonstige Schutzrechte wie Marken, Designs oder Patente nicht (mehr) bestehen.
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