OLG Köln:

Produktnachahmung durch ähnliche Arzneimittelverpackung

Wie das OLG Köln entschieden hat, kann die erhebliche Bekanntheit eines Arzneimittels eine überdurchschnittliche wettbewerbliche Eigenart der Verpackung zur Folge haben, sodass auch die nur ähnliche Verpackung eines Mitbewerbers eine wettbewerbswidrige Produktnachahmung darstellt. Dies gelte unabhängig von der Produktbezeichnung und der besonderen Verkaufssituation im Arzneimittelbereich.

Thirteen / Shutterstock.com
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Das Arzneimittel „Tebonin“ (Präparat auf Basis des Wirkstoffs Ginko-Biloba-Monoextrakt) wird bereits seit 2003 in Deutschland vertrieben und hat aufgrund intensiver Bewerbung eine erhebliche Bekanntheit erreicht. Der Hersteller ist dadurch zum Marktführer in diesem Bereich geworden. Insgesamt vertreibt das Unternehmen ein gutes Dutzend verschiedener Produkte unter der Marke „Tebonin“, sodass von einer Produktreihe gesprochen werden kann. Die Präparate sind wie das Konkurrenzprodukt apothekenpflichtig und z.T. rezeptfrei erhältlich.

Das Verpackungsdesign des Originalprodukts folgt stets demselben Muster (Farbkombination weiß/magenta, horizontal unterteilt):

tebonin

Das Konkurrenzprodukt „Binko“ ist wie folgt gestaltet:

binko

In der zumindest ähnlichen Gestaltung der Produktverpackung erblickt der Hersteller von „Tebonin“ eine wettbewerbswidrige vermeidbare Herkunftstäuschung und damit eine unlautere Produktnachahmung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln hat – anders als die Vorinstanz LG Köln – den gegen den Vertrieb von „Binko“ in der vorstehend dargestellten Verpackung gerichteten Unterlassungsanspruch in seinem Urteil vom 28.05.2014 (Az. 6 U 210/13) bejaht. Die Farbkombination weiß/magenta prägt nach Auffassung des Gerichts den Gesamteindruck des Originalprodukts, welches durch die umfangreiche Bewerbung über einen langen Zeitraum auch eine erhebliche Bekanntheit und damit eine überdurchschnittliche wettbewerbliche Eigenart erlangt habe. Die angegriffene Gestaltung weise diese prägenden Elemente ebenfalls auf, weshalb eine Produktnachahmung anzunehmen sei. Dies führe in den Verkehrskreisen zu Verwechslungen, da die Verpackungsgestaltung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrgenommen würde.

Obwohl ein Vergleich der Verpackungen deutlich wahrnehmbare Unterschiede zeige, sind die Abweichungen nach den Ausführungen des Gerichts unerheblich, weil das Originalprodukt erkennbar bleibe. Daran ändere auch die Kennzeichnung mit der nicht verwechselbaren Marke „Binko“ und die im Arzneimittelbereich besondere Verkaufssituation nichts. Vor allem im OTC-Bereich spiele der Produktname u.U. eine untergeordnete Rolle und würde auch oft auch nur als bloßer Handelsname begriffen. Im Ergebnis habe der Hersteller von „Binko“ die ihm zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung zumutbaren Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, wie das Gericht in seinem Urteil feststellt.

Fazit

Das Urteil ist eine Einzelfallentscheidung, die sich keinesfalls unbesehen auf andere vermeintlich ähnliche Fälle übertragen lässt. Entscheidend für die Annahme einer unlauteren Produktnachahmung trotz Vorliegens einer bloß nachschaffenden Übernahme war die Tatsache, dass es sich bei „Tebonin“ um eine Produktreihe mit erheblicher Bekanntheit handelt. Erstaunlich ist, dass nach der Auffassung des Gerichts auch die Kennzeichnung mit einer völlig anderen Marke („Binko“) nicht ausreichen soll, um eine Herkunftstäuschung zu vermeiden. Dies macht u.U. eine genaue Marktanalyse erforderlich, um den Vorwurf einer Produktnachahmung aufgrund der Verpackungsgestaltung zu vermeiden.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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