BGH:

Erlöschen der Hauptlizenz – was passiert mit der abgeleiteten Unterlizenz?

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil darüber zu entscheiden, ob das Erlöschen einer Hauptlizenz zum Erlöschen einer Unterlizenz führt, wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Beteiligung an den Lizenzerlösen eingeräumt hat und die Hauptlizenz infolge der einvernehmlichen Aufhebung des Hauptlizenzvertrages erlischt.Die Parteien des Rechtsstreits sind Musikverlage, wobei die Klägerin in Kalifornien und die Beklagte in Deutschland ansässig ist. Die Klägerin ist Inhaberin der weltweiten ausschließlichen Musikverlagsrechte und die sich daraus ableitenden Nutzungsrechte an der Komposition „Take Five“ des Komponisten Paul Desmond. Die ausschließlichen Musikverlagsrechte an diesem Werk für Europa räumte die Klägerin einem Musikverlag (Hauptlizenznehmer) ein, welcher schließlich im Jahr 1962 die ausschließlichen Subverlagsrechte für Deutschland und österreich der Rechtsvorgängerin der Beklagten einräumte.

Im Jahr 1986 schloss die Klägerin mit dem Hauptlizenznehmer im Rahmen eines Rechtsstreits einen Vergleich, mit dem die Parteien vereinbarten, dass sämtliche gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Verlagsvertrag betreffend das Werk „Take Five“ beendet sind und mit dem Ablauf der Lizenz auch die Rechte bei Unterlizenznehmern des Hauptlizenznehmers unwiderruflich enden. Da die Klägerin der Ansicht war, dass mit dem Erlöschen der Hauptlizenz auch die Unterlizenz der Beklagten beendet war, begehrte sie u.a. die gerichtliche Feststellung des Wegfalls Musikverlagsrechte der Beklagten für Deutschland und österreich. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen

Entscheidung des BGH

Mit seinem Urteil vom 19.07.2012 – I ZR 24/11 hat der BGH die Revision der Klägerin zurück gewiesen. Die Beklagte sei auch weiterhin Inhaberin der ausschließlichen Subverlagsrechte für Deutschland und Österreich.

Das ausschließliche Subverlagsrecht der Beklagten sei nicht dadurch erloschen, dass die Klägerin und der Hauptlizenznehmer im Zuge eines Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen haben, in dem sie die Aufhebung des zwischen ihnen bestehenden Verlagsvertrages und den Ablauf der vereinbarten Lizenz vereinbart haben. Dabei verwies der BGH auf den im Urheberrecht geltenden Grundsatz des Sukzessionsschutzes, wonach ausschließliche und einfache Nutzungsrechte wirksam bleiben, wenn der Inhaber des Rechts, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat, wechselt bzw. auf sein Recht verzichtet. Dies führe zu dem Schluss, dass das Erlöschen eines Nutzungsrechts nicht zum Entfallen der daraus abgeleiteten Nutzungsrechte führen muss. Zweck des Sukzessionsschutzes sei es, das Vertrauen des Rechteinhabers auf den Fortbestand seines Rechts zu schützen und ihm die Amortisation seiner Investitionen zu ermöglichen.

Das Interesse der Beklagten an einem Fortbestand der Unterlizenz überwiege das Interesse der Klägerin an einem Rückfall der Unterlizenz im Falle des Erlöschens der Hauptlizenz in aller Regel. Die Klägerin müsse es hinnehmen, dass sie bis zum Ablauf der Schutzfrist gehindert ist, ausschließliche Subverlagsrechte an der Komposition für das Gebiet von Deutschland und Österreich zu erteilen, da sie der Erteilung weiterer ausschließlicher Nutzungsrechte durch den Hauptlizenznehmer zugestimmt hat. Das Interesse der Klägerin sei weitgehend gewahrt, da sie den Hauptlizenznehmer nach dem Erlöschen der Hauptlizenz auf Abtretung seines Anspruchs gegen den Unterlizenznehmer auf Zahlung von Lizenzgebühren in Anspruch nehmen kann.

Der Fortbestand der Unterlizenz beim Wegfall der Hauptlizenz führe damit nicht zu der unbilligen Konsequenz, dass der nicht mehr berechtigte Hauptlizenznehmer von Lizenzzahlungen des Unterlizenznehmers profitiert und der wieder berechtigte Hauptlizenzgeber leer ausgeht. Der Unterlizenznehmer könne die Ursache für die außerordentliche Auflösung des zwischen dem Hauptlizenzgeber und dem Hauptlizenznehmer geschlossenen Vertrags und die vorzeitige Beendigung des früheren Nutzungsrechts regelmäßig weder beeinflussen noch vorhersehen. Er würde durch den vorzeitigen und unerwarteten Fortfall seines Rechts oft erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden, die sogar zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen können, wenn er auf den Bestand der Lizenz angewiesen ist.

Fazit

Das Erlöschen einer Hauptlizenz führt in der Regel nicht zum Erlöschen der daraus abgeleiteten Unterlizenzen, wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Beteiligung an den Lizenzerlösen eingeräumt hat und die Hauptlizenz nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen erlischt.
Die ausschließlichen Nutzungsrechte des Unterlizenznehmers bestehen demnach unabhängig vom Hauptlizenznehmer fort, solange er die Lizenzgebühr weiterhin zahlt und das ihm eingeräumte ausschließliche Nutzungsrecht ausreichend ausübt.

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Helene Klassen-Rock

Rechtsanwältin . Senior Associate
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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