Was muss man von einem Getränk halten, das „Energy & Vodka“ heißt? Geht man davon aus, dass das Getränk positive Nährwerteigenschaften besitzt und eine anregende, stimulierende Wirkung auf den eigenen Organismus hat? Verstößt die Bezeichnung gegen die Health-Claims-Verordnung? Hierzu hat der BGH in seinem am 09.10.2014 verkündeten Urteil Stellung genommen.
Das Verfahren wurde vom Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V. betrieben. Dieser sieht in der Bezeichnung „ENERGY & VODKA“ für ein Getränk mit einem Alkoholgehalt von 10% Vol. einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung.
Mit Urteil vom 10.07.2012 (Az. I-4 U 38/12) hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (wir haben berichtet), dass die Bezeichnung eines alkoholhaltigen Mischgetränks mit “Energy & Vodka” zu unterlassen ist, weil nach der Health-Claims-Verordnung Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine nährwertbezogenen Angaben tragen dürfen. Unter einer nährwertbezogenen Angabe ist nach den Ausführungen des Berufungsgerichts jede Angabe zu verstehen, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt. “Energy” sei eine solche nährwertbezogene Angabe, weil dem Verbraucher suggeriert werde, der Konsum des Getränks habe eine positive Wirkung auf seinen Organismus. Dies sei irreführend und damit wettbewerbswidrig.
Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH hat hierzu mit Urteil vom 09.10.2014 entschieden (Az. I ZR 167/12), dass es sich bei der Bezeichnung „ENERGY & VODKA“ nicht um eine nach der Health-Claims-Verordnung verbotene Angabe handelt. Das Berufungsurteil des OLG Hamm wurde daher aufgehoben.
Nach Ansicht des Gerichts wird mit der Bezeichnung weder unmittelbar noch mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass das Getränk besondere (positive) Eigenschaften besitzt. Es werde vielmehr lediglich auf eine Eigenschaft hingewiesen, die alle Lebensmittel der entsprechenden Gattung aufweisen, nämlich die energetisierende Wirkung. Es fehle daher an der besonderen Zielrichtung, die durch die Health-Claims-Verordnung unterbunden werden soll. Aus der Aufmachung des Produkts ergebe sich für den Verbraucher zweifelsfrei, dass es sich um ein Mischgetränk handelt, das aus einem Energydrink (zu 73,3%) und Wodka (zu 26,7%) besteht.
Auch Vorschriften über die Kennzeichnung von Spirituosen seien nicht verletzt. Zwar müsse Wodka hiernach einen Mindestalkoholgehalt von 37,5% aufweisen. Diese schließe aber einen Hinweis auf Wodka als Bestandteil eines Mischgetränks nicht aus, da dieses ansonsten nicht mehr zutreffend beschrieben und beworben werden könnte.
Fazit
Health-Claims sind eine schwierige Materie, in der sich selbst die obergerichtliche Rechtsprechung schwer tut. Das macht die Bezeichnung und Kennzeichnung für Lebensmittelhersteller schwierig und unkalkulierbar. Gerade aus diesem Grund ist eine rechtliche Begleitung und Beratung bei der Einführung neuer Produkte so wichtig, um etwaige Probleme so früh wie möglich anzusprechen und Lösungen für diese zu finden.
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