EuG:

Wenn die Marke in einer Sprache sittenwidrig ist…

… dann hat man möglicherweise ein Problem, auch wenn dies in einer anderen Sprache nicht der Fall ist. Insbesondere bei Gemeinschaftsmarken kann es hierbei zu Problemen kommen, wenn ein Wort in einer Sprache der EU eine ganz andere Bedeutung hat als in einem anderen. Dies zeigt eine Entscheidung des Europäischen Gerichts.

curve sittenwidrige Marke rumänische Sprache

Angemeldet wurde die Marke „Curve“ in den Klassen 9, 10, 35, 38, 41, 42, 44 und 45 unter anderem für Software, medizinische Geräte, Ausbildung, technische Beratungsleistungen, Gesundheitspflege und Lizenzierungen.

Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt lehnte die Eintragung der Marke ab, da es sich bei dem Wort „curve“ um den Plural des rumänischen Wortes „curvă“ handele, das in der Verfahrenssprache so viel wie „Prostituierte“ oder „Hure“ bedeute, in der direkten Ansprache dem Gegenüber einen sehr vulgären Ausdruck kommuniziere und vom Publikum als beleidigende und obszöne Aussage aufgefasst werde. Das in Rede stehende Zeichen verletze daher das sittliche oder moralische Empfinden weiter Verkehrskreise und sei daher nicht eintragungsfähig.

Die vom Anmelder hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Die Beschwerdekammer des HABM führte insoweit unter anderem auch aus, dass die rumänischen Verkehrskreise das Zeichen ohne Hinzufügung anderer Wörter auch nicht als das nicht beleidigende englische Wort „curve“ erkennen, welches Kurve bedeutet.

Entscheidung des EuG zur Sittenwidrigkeit

Das EuG (Urteil vom 26.09.2014 – Az. T-266/13) teilt die Auffassung des HABM und beurteilt die Marke als sittenwidrig.

Da es sich bei der angemeldeten Marke um ein Wort der rumänischen Sprache handele, sei davon auszugehen, dass die für die Prüfung des Vorliegens des absoluten Eintragungshindernisses des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten,  maßgeblich die Auffassung der rumänisch sprachigen Bevölkerung in der EU sei.

Einwände, wie das z.B. in Deutschland der Begriff „Hure“ an Obszönität verloren haben soll, sind daher selbst wenn dies zutreffe unbeachtlich, da es auf die rumänisch sprachige Bevölkerung in der EU ankomme.

Im vorliegenden Fall bestehe die angemeldete Marke allein aus dem Wort „curve“, das in der rumänischen Sprache der Plural des Wortes „curvă“ sei, welches umgangssprachlich oder auf einer vulgären Sprachebene in erster Linie die Bedeutung „Hure“ oder „Prostituierte“ habe und somit aus sich heraus beleidigend und obszön und damit sittenwidrig sei, und keineswegs nur geschmacklos wie der Anmelder vorbringe.

Zwar sei bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten auf die Marke  in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen werden soll abzustellen. Die Tatsache , dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, die im Wesentlichen zum Bereich der medizinischen Technologie und Informatik gehörten, reiche jedoch nicht aus, dass das Wort nicht in seiner obszönen und beleidigenden Bedeutung verstanden werde.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass man bei Marken aufgrund unterschiedlicher sprachlicher Bedeutung gelegentlich eine böse Überraschung erleben kann. Außerhalb Rumäniens hätte man in der Marke wohl den insoweit unproblematischen englischen Begriff „curve“ im Sinne von „Kurve“ verstanden. Es empfiehlt sich daher vor einer Markenanmeldung die Marke in die jeweiligen Sprachen der Zielländer zu übersetzen um böse Überraschungen zu vermeiden.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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