BGH:

Zur Haftung für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger

Haftet der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht? Der Bundesgerichtshof sagt: Nein!

Ein noch in der elterlichen Wohnung wohnender 20-Jähriger hatte über den Internetanschluss seines Stiefvaters mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ insgesamt 3.749 Musikaufnahmen auf seinen Computer heruntergeladen und zum illegalen Download verfügbar gemacht.

Daraufhin war der Stiefvater als Inhaber des Internetanschlusses von vier führenden deutschen Tonträgerherstellern, die Inhaber der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Musikaufnahmen sind, abgemahnt worden.

Nachdem der Stiefvater zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, sich aber geweigert hatte, auch die geltend gemachten Abmahnkosten zu zahlen, kam es zur Klage.

Im Rahmen dieser Klage auf Erstattung der Abmahnkosten musste der BGH über die grundsätzliche Frage entscheiden, ob bzw. unter welchen Umständen ein Anschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen durch einen im selben Haushalt wohnenden volljährigen Familienangehörigen haftet, die dieser über den ihm überlassenen Internetanschluss verübt hat.

Entscheidung des Gerichts

Der BGH hat die Klage gegen den Stiefvater als Anschlussinhaber mit Urteil vom 08.01.2014 – Az. I ZR 169/12 abgewiesen.

Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist – so der BGH – zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind.

Nach Ansicht des BGH darf ein Anschlussinhaber daher – vor dem Hintergrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Familienangehörigen und der Eigenverantwortung von Volljährigen – einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen. Erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Nachdem im vorliegenden Fall der Anschlussinhaber keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, verneinte der BGH eine Haftung des Anschlussinhabers als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung auch dann, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Fazit

Ein Anschlussinhaber kann einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, auch ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen,  solange keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Internetanschlusses für Rechtsverletzungen bestehen.

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