In der Praxis stellt sich sehr häufig die Frage, ob zwei Marken verwechslungsfähig sind, wenn die eine Marke (hier GLAMOUR) lediglich Teil einer anderen, zweigliedrigen Marke (hier TUDOR GLAMOUR) ist. Dies hatte der EuG nach einer entsprechenden Klage des Anmelders der jüngeren Marke GLAMOUR zu entscheiden, nachdem das Markenamt dem Widerspruch aus der älteren Marke stattgegeben hat.
Der Inhaber der für Waren der Klasse 14 (Edelmetalle, Juwelierwaren, Uhren etc.) international registrierten Marke TUDOR GLAMOUR hatte beim HABM Erfolg mit seinem Widerspruch gegen die Anmeldung der Marke GLAMOUR in derselben Klasse. Das Markenamt hat dem Widerspruch stattgegeben, wogegen sich der Markenanmelder mit seiner Klage zum EuG wehrt. Er begehrt die Aufhebung der Entscheidung und die Eintragung seiner Marke.
Die Entscheidung des Gerichts
Der EuG hat die Klage mit Urteil vom 04.07.2014 (Az. T-1/13) abgewiesen, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen bestehe.
Nach Auffassung des Gerichts kann bei einem Vergleich zweier Zeichen nicht schematisch auf nur einen Teil einer mehrgliedrigen Marke abgestellt werden. Dies sei nur möglich, wenn gerade dieser Bestandteil prägend für das Gesamtzeichen sei. Andernfalls müsse das aus mehreren Teilen bestehende Zeichen in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Dies sei hier bei TUDOR GLAMOUR der Fall, weil der Bestandteil TUDOR gleichbedeutend sei und damit in gleichem Maße zum Gesamteindruck der Marke beitrage. Es liege insoweit eine Ausnahme von der Regel vor, dass der Verkehr dem Wortanfang regelmäßig die größere Bedeutung zumesse. Im Ergebnis liegt damit nach der Ansicht des Gerichts eine Ähnlichkeit zwischen TUDOR GLAMOUR und der jüngeren Anmeldung GLAMOUR vor.
Dies soll nach den Ausführungen des Gerichts jedenfalls für das Publikum gelten, dass zwar nicht mit der englischen Geschichte, wohl aber mit der englischen Sprache vertraut ist und daher zwar nicht die Bedeutung des Begriffes „TUDOR“ (Geschlecht des gleichnamigen Hauses) versteht, wohl aber den Begriff „GLAMOUR“. Ansonsten ergebe sich eine begriffliche Unähnlichkeit. In denjenigen Verkehrskreisen, die beide Begriffe nicht verstehen, könne dagegen kein begrifflicher Vergleich angestellt werden, sodass hier weder eine (begriffliche) Ähnlichkeit noch eine Unähnlichkeit festzustellen sei.
Da wegen der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke keiner der Verkehrskreise zu vernachlässigen sei, gelangt das Gericht zu der Einschätzung, dass in der Gesamtschau eine Verwechslungsgefahr vorliege.
Fazit
Der Vergleich zwischen ein- und mehrgliedrigen Marken, die sich einen oder mehrere Bestandteile teilen, erfordert in begrifflicher Hinsicht eine differenzierte Betrachtung, die zwischen denjenigen Teilen der Bevölkerung unterscheidet, die die Bedeutung ganz oder teilweise erkennen und denjenigen, die dies nicht tun. Sofern nur in einem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der nicht vernachlässigbar ist, eine Ähnlichkeit festgestellt werden kann, hat dies Bedeutung für die Entscheidung für oder gegen das Vorliegen von Verwechslungsgefahr insgesamt.
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