OLG München:

Filesharing: Haften Eltern für ihre volljährigen Kinder?

Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts München haften die Eltern als Anschlussinhaber auch dann für das illegale Filesharing ihrer volljährigen Kinder, wenn sie zwar vortragen, eines der Kinder sei für die Verletzungshandlung verantwortlich, dieses aber nicht namentlich benennen.

Filesharing: Haften Eltern für volljährige Kinder?Geklagt hatte eine Tonträgerherstellerin, da über einen Internetanschluss, dessen Inhaber zu diesem Zeitpunkt die Eltern waren, ein Musikalbum mittels einer Filesharing -Software zum Download angeboten wurde. Gegenstand der Klage waren Abmahnkosten in Höhe von EUR 1.000,- sowie ein Lizenzschaden in Höhe von mindestens EUR 2.500,-.

Die beklagten Eltern haben im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragen, sie hätten zu diesem Zeitpunkt mit ihren drei bereits volljährigen Kindern zusammengewohnt und alle hätten Zugang zum Internetanschluss gehabt. Ferner haben die Eltern vorgetragen, dass sie zwar wüssten, welches Kind für die Verletzungshandlung verantwortlich sei, wollten dieses aber nicht benennen.

Bereits in der ersten Instanz obsiegte die Tonträgerherstellerin. Auch die Berufung der Eltern blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des Gerichts zur Haftung der Eltern für Filesharing

In seinem Urteil vom 14.01.2016 (Az. 29 U 2593/15 – Pressemitteilung vom 14.01.2016) hat das OLG München zunächst bestätigt, dass es grundsätzlich Sache des Anspruchstellers – in diesem Fall der Tonträgerherstellerin – sei, nachzuweisen, dass der von ihm auf Schadensersatz in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist.

Im Falle des Filesharings gelte aber zunächst die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, welche einen Anscheinsbeweis begründe, zu dessen Erschütterung der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs allein nicht genüge. Vielmehr müssen weitere, vom Anschlussinhaber ggf. nachzuweisende Umstände hinzukommen, aus denen sich ein anderer als der vermuteten Verlauf ergeben soll.

Der sekundären Darlegungslast genüge der Anschlussinhaber nur dann, wenn er vorträgt, ob und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. Diesen Anforderungen werde die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht. Entspreche der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht, so sei zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen. In diesem Fall müsse der Anschlussinhaber dann für die tatsächliche Vermutung einen Gegenbeweis erbringen.

Im vorliegen Fall hätten die Eltern der sekundären Darlegungslast nicht genügt. Ihnen habe es oblegen, mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hatten, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hatte. Sie hätten sich indes geweigert, diese Kenntnis mitzuteilen. Damit hätten sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss berufen, ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung zu machen.

Die Grundrechtsverbürgung des Art. 6 Abs.1 GG, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, stehe dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen, da hierdurch kein schrankenloser Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange gewährt werde.

Schließlich ist das Gericht mangels Widerlegung der tatsächlichen Vermutung durch die Eltern von deren Täterschaft ausgegangen.

Fazit

Im vorliegenden Fall hat der Vortrag der Eltern als Anschlussinhaber nicht genügt, um die Vermutung der Täterschaft zu widerlegen. Nach Auffassung des Gerichts hätten die Eltern das verantwortliche Kind konkret benennen müssen. Dabei konnten sich die Eltern auch nicht mit Erfolg auf den Grundrechtsschutz der Familie berufen.  Inwieweit die Entscheidung des OLG München im Einklang mit den Anforderungen des Bundesgerichtshofs zum Umfang der zumutbaren Nachforschungen in Filesharing-Fällen steht, ist fraglich. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich dieser mit den Ausführungen des Oberlandesgerichts befassen wird.

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